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4. Fastensonntag, 14. März 2021

Liebe Gemeinde!

Wir begrüßen Euch recht herzlich und bedauern, wenn wir einander nicht persönlich begegnen können. Mit den folgenden Texten könnt Ihr allein oder mit anderen eine kleine Feier begehen. Dann sind wir auch ein wenig in Verbindung. Vor allem, wenn wir sagen:

Der Herr ist mit uns

Wir feiern den 4. Fastensonntag. Der Eröffnungsvers für diesen Tag beginnt mit dem Aufruf:

Freue dich. Oder auf Latein: Laetare. Daher heißt der Sonntag Laetare. Wir sind schon ein wenig in Vorfreude auf Ostern. Trotzdem sind die Lesungen eher ernst. Z.B. das nächtliche Gespräch von Jesus und dem Pharisäer Nikodemus.

Nikodemus ist ein Prominenter seiner Zeit, also nicht gerade "Irgendwer", und er will anscheinend nicht gesehen werden.

Deshalb kommt er in der Nacht zu Jesus, um über dessen Auftrag und Sendung zu diskutieren.

Nikodemus hatte eine brennende Frage:

Rabbi, wir wissen, du bist ein Lehrer in Israel, der von Gott gekommen ist. Niemand anderer kann diese Zeichen tun, die du tust, wenn nicht Gott mit ihm ist.

Jesus antwortete ihm:

Weil Gott alle Menschen liebt, möchte er ihnen helfen, damit die Welt eine gute Welt wird. Mein Auftrag besteht darin, den Menschen von Gottes Liebe zu erzählen, die „wie helles Licht“ ist und das Herz „hell und warm“ macht.

Wer dies spürt, will auch selber die Welt heller und wärmer machen können. Man muss von oben aus Wasser und Geist geboren sein um das Reich Gottes zu schauen, neu geboren durch die Taufe.

Vielleicht hat der jüdische Theologe und Ratsherr Nikodemus mehr von Jesus und seinem Lebensangebot begriffen als so mancher Christ.

 

Kyrie:

Jesus, du bist das Heil, das uns verheißen wurde.

Du hast uns gezeigt, dass wir aus Gnade gerettet sind.

Herr, erbarme dich unser

Jesus, du bist nicht gekommen um uns zu verurteilen,                             

sondern um uns zu retten.                          

Christus erbarme dich unser

Jesus du bist das Licht der Welt, das nie erlischt.

In deinem Licht dürfen wir leben.

Herr, erbarme dich unser

Gott du hast uns in überfließendem Maß deine Gnade geschenkt, du vergibst uns Schuld und Sünden und lässt uns im Licht des Glaubens leben. Amen.

 

Lesung: Eph 2,4-10

Evangelium: Joh 3,14-21

Jesus sprach zu Nikodemus

Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat. Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat. Denn mit dem Gericht verhält es sich so: Das Licht kam in die Welt, doch die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse.

Jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten nicht

aufgedeckt werden. Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht, damit offenbar wird, dass seine Taten in Gott vollbracht sind.

 

Betrachtung zum Evangelium:

Etikette, Korsett und auf-richten

Vor kurzem war in einer bekannten österreichischen Tageszeitung ein ganzseitiger Artikel unter dem Titel „Wenn der Glaube verdunstet ist.“ Ein bekannter und bekannt kritischer Autor analysiert die Entwicklung der katholischen Kirche an einem konkreten Beispiel in Niederösterreich. Als Titelbild wählt er zwei Fotos von demselben Beichtstuhl. Einmal mit geschlossenen Türen.

Und einmal mit offenen. Und da, beim zweiten Bild, erkennt man, wie die Zeit eine Veränderung gebracht hat. Da wird die Funktion des Beichtstuhles als Abstellraum und Putzkammer gezeigt.

Der Autor führt an, dass der Glaube verdunstet ist, weil seinerzeit mutige theologische Denker das Etikett der Gefährlichkeit für Glaube und Hierarchie umgehängt bekommen haben.

Sie mussten, wenn sie Priester bleiben wollten, das Korsett des Konformismus gegenüber Rom und deren Vertreter anziehen.

Und dann erwähnt der Autor doch, dass es Jesus ist, der mit neuem Geist das Verdunsten des Glaubens verhindern kann. Denn, so jetzt mein Resümee, Jesus richtet nicht. Jesus richtet uns auf. Und das ist ein Grund mit Freude an die frohe Botschaft zu glauben.

Im Evangelium ist auch die Rede vom Etikettieren, von zwanghaften Verhalten, das wie ein Korsett wirkt und vom befreienden Auf-richten. Etikett, Korsett und Auf-richten.

 

Etiketten ablegen

Da heißt es zunächst im Evangelium: Gott hat die Welt so geliebt, dass er uns in einem hingebungsvollen Menschen, in Jesus, begegnet ist. Von den Propheten vorhergesagt, von manchen sehnsüchtig erwartet, kommt der Messias. Aber man hat von vornherein ein Etikett für ihn. Dem muss er entsprechen Das herrschende System hat Kriterien, die er erfüllen muss.

Nikodemus hat wohl die Zeichen Jesu gesehen und sagt „Niemand kann die Zeichen tun, die du tust, wenn nicht Gott mit ihm ist.“ Und doch tut er sich schwer. Die Zuwendung Gottes zu den Menschen hat er sich anders vorgestellt. Er denkt mit Etiketten.

Wir dürfen uns die Frage stellen, ob Gott nicht auch heute Menschen sendet. Menschen, die Wesenszüge Gottes zu den Menschen bringen. Ja sind wir nicht alle in einem gewissen Maß dazu berufen? Mindestens durch die Taufe?

Ich bewundere da Eltern, denen ihre Kinder doch viel wert sind, auch in Zeiten der Pubertät. Da denke ich an alle Pädagogen. Die guten Pädagogen begegnen ihren Schützlingen auch dann mit Wertschätzung, wenn diese besonders schwierig sind.

Jede und jeder darf sich ganz allgemein fragen: Wie kommt meine Wertschätzung und Zuwendung gegenüber anderen zum Ausdruck? Vielleicht ist gerade am Freudensonntag eine Aufforderung angebracht Wertschätzung und Freude zu verbinden. Die Botschaft Jesu ist doch eine Freudenbotschaft. Suchen wir uns jemanden aus , dem wir da schon lange Wertschätzung und Freude vermitteln wollten.

 

Korsett aufschnüren

Nikodemus und Jesus sind äußerst unterschiedlich. Nikodemus ist der Vertreter des herrschenden Systems. Er wird von Jesus als Lehrer Israels bezeichnet. Aber dieser wagt sich kaum aus dem Korsett der Macht heraus. Er kommt des Nachts zu Jesus. Geheim. Das soll unbemerkt bleiben. Jesus spricht zu ihm, aber Nikodemus kann ihm nicht folgen. Ist das Denken im System gefangen? Kann der Gelehrte nicht, über sein Wissen hinweg, mit dem Herzen zuhören?

Das Verstehen und Annehmen Jesu durch das herrschende System scheitert am mangelnden Glauben, nämlich der eigenen Mitwirkung. Das System wird zum tödlichen Gegner bis Jesus am Kreuz „erhöht“ ist.

Wir dürfen uns auch die Frage stellen, wie wir dem herrschenden System begegnen. Oder anders gefragt, wie passt für mich die Botschaft Jesu in das heutige kirchliche Korsett. Diese Frage wird immer wichtiger. Die Zeichen sind unübersehbar und bedrohlich.

Wenn sich aber das System so wie Jesus dem Heil der Menschen zuwendet, dem Heil das den ganzen Menschen betrifft, zeichnen sich Möglichkeiten ab. Es geht darum aus einer Starre, die wie eine Todesstarre wirkt, zur Lebendigkeit zu gelangen, zum Leben, zum Leben in Fülle. Was braucht es zum Leben. Jesus hat doch den Menschen Heil gebracht, nicht nur in Worten sondern auch in seinem Handeln.

Vielleicht ist gerade der Freudensonntag eine Anregung in der kommenden Woche eine konkrete Person Heilendes erfahren zu lassen. Z.B. durch ein freundliches Wort, einen ermunternden Zuspruch, durch eine Hilfestellung.

 

Auf-richten

Die Entscheidung für oder gegen Gott, für oder gegen die Liebe, bleibt jeder und jedem frei. Gott zwingt nicht. Und so wie das Johannes-Evangelium schreibt, wird der Mensch vor kein Gericht zitiert. Jesus ist nicht gekommen zu richten, sondern um die Welt, durch das Vorbild seines konsequenten Lebens, zu retten. In der Annahme der Botschaft Jesu und im Nachvollziehen dessen, was er gelehrt und getan hat, zeigt sich unser Glaube. Wer an Jesus glaubt wird nicht gerichtet. Wer nicht glaubt, schließt sich aus dem Heilwerden aus.

Wir dürfen uns die Frage stellen, wie groß unser Gottvertrauen ist. Oder verstecken wir uns vor Gott, weil das, was wir tun, nicht ans Licht kommen soll. Es geht um das, was wir anderen an Lieblosigkeit angetan haben, aber auch das, was wir einstecken mussten. Es geht nicht um Demütigung und Bloßstellen, aber darum die eigene Wahrhaftigkeit im Leben zu finden und zu verarbeiten.

Wir erleben immer wieder Vergiftungen, nämlich Vergiftungen der Atmosphäre. Das Zeichen der ehernen Schlange in der Wüste wird hier mit der Erhöhung Jesu am Kreuz in Zusammenhang gebracht. Wenn wir mit dem Blick auf Jesus leben, einschließlich des Kreuzes, können wir uns aufrichten.

Vielleicht ist gerade der Freudensonntag geeignet, dass wir das Denken mit Etiketten ablegen, dass wir das beengende Korsett, dessen was wir zu denken und zu tun haben, aufschnüren und dass wir die Menschen nicht richten sondern aufrichten zu eine geraden Haltung. Das ist dann Anlass zur Freude.

 

  • Fürbitten:
    Herr, Jesus Christus, du bist vom Vater gesandt, damit jeder, der an dich glaubt, stark ist im Leben.
  • Wir bitten dich, schenke uns den Geist deiner Liebe.
  • Herr, Jesus Christus, du bist vom Vater gesandt, damit die Welt durch dich gerettet werde.
  • Wir bitten dich für alle, die den Glauben an dich verloren haben, führe sie auf den Weg zu dir.
  • Herr, Jesus Christus, du bist vom Vater gesandt, damit wir das ewige Leben haben.
    Wir bitten dich für alle Menschen auf der Welt, schenke ihnen den Geist des Friedens.
  • Herr, Jesus Christus, mit dem heutigen 4. Fastensonntag Laetare haben wir die Hälfte der österlichen Bußzeit bereits bewältigt. Laetare heißt "Freuet euch!" Hilf uns in dieser schweren Zeit Freude zu finden.

Wir sind jetzt eingeladen unsere persönlichen Anliegen vor Gott hinzulegen.

Denken wir an alle Kranken und Leidenden,

denken wir an diejenigen, die nicht mehr so beweglich sind oder bettlägrig sind.

Denken wir auch an die Traurigen, die einen lieben Menschen verloren haben.

 

Und dann stimmen wir in das Gebet ein, das uns Jesus gelehrt hat:

Vater unser

An dieser Stelle haben wir, in den Zeiten vor der Pandemie, die Hand zum Friedensgruß gereicht. Und vielleicht ist jetzt gar niemand da, dem wir die Hand reichen können. Aber mit jemandem einen telefonischen Kontakt aufnehmen, das können wir. Diese Zeit braucht eben andere Verbindungen.

Verbindung auf vielerlei Art ist auch Kommunion.

Meditation:

Wie beruhigend.

Gott lässt es Licht werden um uns.

Es strahlt in unserem Alltagschaos auf.

Beruhigend, tröstend, Mut machend, manchmal sogar ordnend.

Wo Gott zu mir spricht, beginnt sein Licht in mir zu leuchten.

 

Und so erbitten wir dafür den Segen Gottes,

des Vaters durch den Sohn und im Heiligen Geist. Amen.

 

Verbleiben wir in der Freude, leben wir in Frieden.

Wir wünschen Euch eine gute Woche, bleibt gesund und haltet den Wunsch aufrecht, einander bald wieder am Georgenberg persönlich zu treffen.

 

Liebe Grüße von Birgit (Wolffhardt) und Huber