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Gedanken zum Sonntag (15. März 2020)

3. Fastensonntag(im Covid-19-Modus)                                                          15. März 2020

 

Liebe Gemeinde!

 

Wir feiern – etwas anders als gewohnt – Sonntag.

Den 3. Fastensonntag.

Jede und jeder darf sich in Gottes Gegenwart fühlen und sich mit vielen anderen verbunden fühlen.

So können wir zur Überzeugung gelangen: Der Herr ist mitten unter uns.

 

Wir hören heute im Evangelium die Geschichte der Begegnung zwischen einer Samariterin und Jesus. Die Begegnung am Jakobsbrunnen. Zunächst geht es hier um ein menschliches Grundbedürfnis, das Verlangen nach Wasser.

 

In unseren Breiten haben wir meistens ausreichend Wasser zur Verfügung. Und wir können uns schwer vorstellen, wie es ist, wenn Wasser selten ist, wenn Wasser Mangelware ist.

Kein Wasser haben, also Durst haben, dürfen wir auch im Übertragenen Sinn für uns betrachten.

° Wir dürfen uns fragen, womit wir diesen Durst nach geistiger Nahrung überdecken.

° Wir dürfen uns fragen, was wir für unseren geistigen Durst tun.

° Und wir dürfen uns fragen, ob es nicht an uns liegt, selbst eine Quelle zu sein, die den     geistigen Durst anderer lindert.

Gebet:

Guter Gott, du kennst uns und unsere Schwächen.

Verzeihe unsere Unachtsamkeit und Lieblosigkeit. Gib uns den Willen und die Kraft immer wieder neu zu beginnen. Amen.

 

Gedanken zum Evangelium– Joh 4,5-42

Wo ist der Jakobsbrunnen? Wir werden, wenn wir schnell antworten, z. B. sagen:

Irgendwo in Israel. Dort wo einmal Samarien war. Darf man die Frage nicht auch etwas weiter beantworten? Ist der Jakobsbrunnen nicht auch dort, wo ich Jesus begegnen kann? Vielleicht auch dort, wo ich gerade diese Zeilen lese? Zuhause oder anderswo.

Wenn wir am Jakobsbrunnen verweilen und das Evangelium bedenken, erkennen wir zwei Anliegen, die die Samariterin hat. Wir können prüfen, ob und wie diese Anliegen auch an uns gerichtet sind.

 

Das Erste was die Samariterin beschäftigt, ist die Befriedigung des Durstes.

Das Zweite betrifft das Gebet.

 

D u r s t

Wenn wir uns jetzt selbst an einen imaginären Jakobsbrunnen setzen, dürfen wir die Frage nach der Befriedigung des Durstes stellen. Durst ist etwas sehr Natürliches. Ohne Wasser halten wir nicht lange durch. Es ist anders als bei festen Nahrungsmitteln. Durst dürfen wir aber gerade in diesen Tagen etwas weiter sehen. Es geht um die Befriedigung von ganz natürlichen Bedürfnissen.

 

° Da ist z.B. die Frau, die für sich und ihr Kind regelmäßig bei LEO Lebensmittel, Mittel            zum Leben und Überleben bekommt. Plötzlich ist diese Quelle geschlossen.

° Da sind die Menschen aus der besonders gefährdeten Altersgruppe über 70 Jahren. Wenn die sich jetzt nicht mehr außer Haus wagen, wer kauft ihnen etwas ein?

° Da sind diejenigen, die plötzlich Angst um ihren Arbeitsplatz und Broterwerb haben.    Worte wie Zwangsurlaub, Kurzarbeit oder überhaupt Arbeitsplatzverlust, bedrängen sie.

 

Habe ich, so dürfen wir uns fragen, für die eine oder andere Situation und die Menschen, die davon betroffen sind, einen Schluck Wasser? Bin ich selbst lebendiges Wasser, das den Durst löschen kann? Durch einen Anruf, ein Mail u.s.w.?

 

Gebet, Anbetung, Verehrung

Das 2. Anliegen der Samariterin ist das Gebet. Und sie fragt, wo denn der richtige Ort zum Beten wäre. Eigentlich fragt sie, wo denn der richtige Berg für die Anbetung ist.

Heute dürfen wir abwandeln und sagen: Gott können wir wohl überall anbeten. Natürlich am Georgenberg, weil er sehr vertraut ist. Aber nicht nur dort. Heute vielleicht zurückgezogen, zuhause

Wenn wir Gott anbeten, wie es in der Einheitsübersetzung heißt, so sind manche Theologen geneigt dieses Anbeten auch mit Verehren gleichzusetzen (Johannes Beutler).

Jedenfalls ist es der Geist, der in uns ist und der betet. Der göttliche Geist, den wir bei der Taufe empfangen haben. „In Geist und in der Wahrheit“ anbeten oder verehren, kann natürlich durch unser Sprechen erfolgen. Und wir werden dabei schnell versucht sein uns ins Spiel zu bringen, um unsere Wünsche und Bedürfnisse Gott zu erzählen. Weiß das Gott nicht alles, muss ich ihm das in Erinnerung rufen? Darf ich, wenn ich Gott anbete oder ihn verehre, nicht einfach ganz still werden?

Auf meinem Gebetsplatz zuhause habe ich eine Bildkarte stehen. Auf ihr ist der Spruch des dänischen Religionsphilosophen Søren Kierkegaard.

 

Er lautet:

Beten heißt nicht, sich selbst reden hören.

Beten heißt:

Still werden und still sein

und warten,

bis der Betende Gott hört.

 

Gott anbeten und verehren ist auch still werden.

Vielleicht ist die Situation jetzt, an meinem Jakobsbrunnen zuhause, besonders geeignet einmal ganz still zu werden.

 

Gebet:

Guter Gott, du bist die Quelle des Lebens.

Guter Gott, sind wir das Verlangen nach lebendigem Wasser?

Guter Gott, bin ich dein Becher, aus dem andere dein Wasser trinken?

 

Ich wünsche Euch einen guten Sonntag

Bleibt x‘und!

Euer Diakon Hubert

PS: ORF III wird an den kommenden Sonntagen um 10 Uhr eine Messe aus dem Priesterseminar übertragen

 

 

 

 

 

 

 

Kommentare

3. Fastensonntag A – 15.3.2020

mit Jesus auf Du und Du

Kommentar zu Johannes 4,5-42

Die Kirche könnte uns – in Zeiten des erzwungenen Rückzugs aus allen Sozialkontakten – keinen Text vorlegen, der schöner und geeigneter ist als das Gespräch Jesu mit der Samariterin am Jakobsbrunnen.

Damit ist klar: die Coronakrise bedeutet nicht das Ende des kirchlichen und schon gar nicht des geistlichen Lebens, sondern Einladung und Herausforderung zu einer Begegnung mit Jesus in bisher nicht gekannter Intimität. Wenn Jesus diese Frau am Jakobsbrunnen, deren Namen wir leider nicht kennen, so nahe an sein Herz herangelassen hat, warum nicht auch dich und mich?

Was sie erleben durfte, muss so einzigartig gewesen sein, dass der Evangelist Johannes, der so viel scheinbar Unverzichtbares in seinem Evangelium weglässt, uns diese Geschichte unbedingt schenken wollte. Nicht nur dass Jesus sich über alle mentalen und kulturellen Barrieren hinwegsetzt – als Mann gegenüber einer Frau, als Jude gegenüber einer Samariterin und nicht zuletzt gegenüber einer völlig verkrachten Existenz.

Denn sie hat ja gute Gründe, warum sie in der Mittagshitze an den Brunnen kommt, zu einer Zeit wo kein vernünftiger Mensch Wasser heimschleppen wird. Sie will eben den anderen Frauen aus dem Dorf, ihren Blicken und ihrem Gerede, ausweichen.

Dazu kommt nicht nur das menschliche Grundbedürfnis Jesu zu trinken, sondern offensichtlich auch ein inneres Anliegen, sich zu zeigen, sich zu offenbaren. Das überrascht uns, weil er ja meistens von seinen Jüngern umgeben ist. Er könnte doch mit ihnen reden. Das tut er auch oft. Aber es gibt auch die Erfahrung – offensichtlich gab es das auch bei Jesus – dass andere Personen anderes aus uns hervorlocken können, was sonst vielleicht verborgen bliebe. Und wir hören uns mit großer Überraschung selbst zu und staunen, was da aus uns herauskommt.

Das Gespräch verläuft in einer Tiefe und Dichte, die uns den Atem raubt. Und es ist Jesus möglich, den schwierigsten und schmerzlichsten Punkt zu berühren, ohne dass seine Gesprächspartnerin davonläuft. Im Gegenteil, er legt damit eine neue Schicht frei. Plötzlich kann hinter einer verkrachten Existenz die tiefe Sehnsucht nach Anbetung hervorbrechen. Sie wechselt das Thema nicht um auszuweichen, sondern weil schon Heilung im Gange ist und eine tiefere Schicht ans Licht kommt.

Und sie erfährt, was uns in unserer derzeitigen Notlage, immensen Trost spenden kann: Um Gott zu begegnen, um Gott anzubeten, muss man nicht nach Jerusalem reisen und auch nicht die eigene Pfarrkirche besuchen – in Geist und Wahrheit will er angebetet werden. Wir haben das als Kirche manchmal verschwiegen oder zumindest vernachlässigt. Wir sollten nicht die soziale und kollektive Dimension des Glaubens geringachten – wir können sie in dieser Zeit zumindest über die Medien wahrnehmen. Trotzdem gibt es diese andere, persönliche und intime Dimension, auf die wir zurzeit gleichsam mit Gewalt gestoßen werden, und deren Verheißung in dieser Begegnung aufleuchtet:

Mit Jesus auf Du und Du, mit Jesus auf Augenhöhe, mit einem ganz menschlichen Jesus, der geradezu ein Bedürfnis hat dir persönlich nahe zu kommen und sich dir persönlich zu offenbaren!

 

LG und viel Segen!
Pfarrer Harald