Skip directly to content

Jahresschluss-Gottesdienst 2021

Einleitung:

Wieder ist ein Jahr vergangen, und wieder war es geprägt von einer Krankheit, die die ganze Welt in Atem hält. Vieles ist schon passiert, viele Einzel-Schicksale, die wir betrauern, -  aber - wir haben auch schon viel erreicht.

Es gibt eine Impfung, es gibt Tests. Trotzdem gibt es neue Varianten und vor allem viel Angst und Unsicherheit. Und heute, am Ende des Jahres, sehen viele von uns mehr mit Sorge, denn mit Zuversicht in eine ungewisse Zukunft.

Damit nicht genug. Das lange Warten auf Normalität, das allzu lange Fehlen der sozialen Kontakte, all das hat einige skeptisch werden lassen. Sie lehnen die sogenannten Maßnahmen ab, fordern absolute Freiheit in einer Zeit, in der die Gesellschaft von uns Mitarbeit und Solidarität erwartet. Das führt zu Spaltungen, Freundschaften gehen auseinander, selbst Familien konnten Weihnachten nicht mehr gemeinsam feiern, weil sie das Trennende vor das Gemeinsame stellten.

Was sollen wir da machen? Wie sollen wir umgehen mit so einer verrückten Welt? Was hätte Jesus getan? Auch viele, die bisher glaubten, mit Vernunft, Anstand, und gutem Willen sei alles zu meistern, beginnen zu verzweifeln.

 

Kyrie:

Wo sind die Antworten auf die vielen Fragen, wer kann sie geben?

Herr, erbarme dich unser!

 

Wo ist mein Platz in dieser Situation, was wird von mir erwartet?

Christus, erbarme ich unser!

 

Mit dem Vertrauen in Gott müssten wir auch mit damit gut umgehen können.

Herr, erbarme ich unser!

 

Lesung aus dem Brief an die Epheser:

Eph. 4, 17-18, 20-21, 25-27, 29-32; 5, 1-2

Ich sage und bezeuge es im Herrn: Lebt nicht mehr wie die Heiden in ihrem Wahn. Ihr Sinn ist verfinstert. Sie sind dem Leben Gottes entfremdet durch die Unwissenheit, in der sie befangen sind, und durch die Verhärtung des Herzens.

Das aber entspricht nicht dem, was ihr von Christus gelernt habt. Ihr habt von ihm gehört und seid in der Wahrheit unterrichtet worden, die Jesus ist.

Legt deshalb die Lüge ab und redet die Wahrheit, jeder mit seinem Nächsten. Denn wir sind als Glieder miteinander verbunden. Lasst euch durch den Zorn nicht zur Sünde verführen. Die Sonne soll über eurem Zorn nicht untergehen. Gebt dem Teufel keinen Raum! Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern nur ein gutes, das den, der es braucht, stärkt, und dem, der es hört, Nutzen bringt. Beleidigt nicht Gottes Heiligen Geist, dessen Siegel ihr tragt für den Tag der Erlösung. Jede Art von Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei und Lästerung und alles Böse verbannt aus eurer Mitte! Seid gütig zueinander, seid barmherzig, vergebt einander, weil auch Gott euch durch Christus vergeben hat.

Ahmt Gott nach als seine geliebten Kinder und übt die Liebe, weil auch Christus uns geliebt und sich für uns hingegeben hat als Gabe und Opfer, das Gott gefällt.

 

Lk 20,25-26

Evangelium nach Lukas

 

Zeugnis:

Liebe Gemeinde,

ein Jahr ist zu Ende gegangen, und ein neues wird morgen beginnen.

Zeit, dass wir ein wenig innehalten und nachdenken.

In der Vorbereitung für diese Wortgottesfeier sind mir immer wieder die Themen der sogenannten Tagespolitik entgegengesprungen. In den Kommentaren in den Zeitungen und im Fernsehen: Immer wieder ein Thema, für das wir Christen eigentlich Spezialisten sind: Spaltung.

Aber in diesem Fall spreche ich nicht von der Spaltung der Kirchen, wie sie in der Geschichte mehrfach passiert, und bis heute nicht wieder gut gemacht ist, nicht wieder versöhnt ist. Diese Tatsache ist - das darf ich so nebenbei erwähnen - eine Sünde gegen Gott und seinen Geist und müsste ein Stachel im Fleisch jedes Chisten sein.

Aber heute möchte ich über die Spaltung der Gesellschaft sprechen.

Immer wieder gab und gibt es Themen, über die wir unterschiedlicher Ansicht sind, und die uns sogar so wichtig sind, dass wir dafür auf die Straße gehen. Aber gerade beim Thema Corona geht mittlerweile ein Riss durch alle Schichten: Auf der einen Seite die, die dem Mainstream der Wissenschaft glauben schenken, und jede andere Meinung als Lüge diffammieren und das Verhalten der Anderen als unsolidarisch brandmarken. Und auf der anderen Seite, die, deren Gedanken getragen sind von einer Art Generalverdacht gegen alles, was vom sogenannten System kommt, einer Allianz von Regierungen und Konzernen denen man primär Macht- und Geldgier unterstellt.

Vorab kurz meine Meinung zum Thema selbst: Als Techniker schenke ich meinen Kollegen aus der Medizin Vertrauen. Ich vertraue den Methoden der Statistik und der Wissenschaft und so war die Impfung für mich eine willkommene Errungenschaft, derer ich mich gerne bedient habe. Auch die anderen Maßnahmen hielt ich zum Großteil für vernünftig und nachvollziehbar.

Als Christ habe ich mir außerdem gesagt: Eine Antwort Jesu steht für mich im Evangelium: "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist." Schon Jesus hat gemeint, den Forderungen des Staates, in seinem Fall, der Forderung, Steuern zu zahlen, sei nachzugehen. Wenn also der Staat meint, er müsse bestimmte Restriktionen wie das Tragen von Masken oder das eingeschränkte Besuchen von größeren Versanstaltungen, oder auch die Impfpflicht, einführen um das Gemeinwohl zu gewährleisten, dann sollten wir dem auch folgen.

Zumal in unserem Fall, da wir das Privileg besitzen, in einer Demokratie zu leben. Denn der Kaiser, das sind in diesem Fall ja sogar wir selbst. Wir haben die Regierung gewählt, die jetzt, mit mehr oder weniger Geschick versucht, uns durch die Pandemie zu führen.

Wie immer es dazu gekommen ist: Schlechte Kommunikation der Regierung, Populismus, oder schlicht Politisierung eines Themas, das dort eigentlich nichts zu tun hat. Wir konnten es nicht verhindern: Das Thema "Spaltung der Gesellschaft" ist bei uns angekommen und fordert uns heraus, und es ängstigt uns auch. Das betrifft vielleicht besonders auch uns als Christen. Wenn wir im Büro mit Kollegen über die Impfpflicht debattieren oder wenn wir in der Familie darüber streiten, ob wir die Großeltern mit oder ohne Test besuchen dürfen. Wie gehen wir damit um?

Und so frage ich Jesus, frage ich die Bibel, was Jesus dazu sagt.

Und da lese ich den Epheserbrief:

"Legt deshalb die Lüge ab und redet die Wahrheit, jeder mit seinem Nächsten. Denn wir sind als Glieder miteinander verbunden. Lasst euch durch den Zorn nicht zur Sünde verführen."

Ich sehe das als Aufruf, ganz bewusst den Dialog zu suchen.

Das, wovon ich überzeugt bin, soll ich nicht verleugnen, und auch ganz bewußt Andersdenkenden gegenüber vertreten. Aber ohne Zorn oder Überhebung.

Im Gegenzug sollte ich die Meinung der Anderen wertschätzen. Einladen, über Ängste zu reden, suchen, das Gemeinsame zu entdecken, ohne Verurteilung oder gar Besser-Wisserei.

Nur mit dem radikalen Anspruch, den anderen mit all seinen - uns vielleicht noch so absurd scheinenden -  Ansichten zu repektieren, zu verstehen, und als Mit-Mensch, Mit-Geschwister zu begreifen, kann dabei mithelfen, den Riss zu kitten und die Spaltung zu überwinden.

Allzu leicht geraten wir in die Falle der Überheblichkeit. Aber auch hier hat Paulus wieder eine Mahnung an uns: "Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern nur ein gutes, das den, der es braucht, stärkt, und dem, der es hört, Nutzen bringt."

Wir lieben es so sehr, zu schimpfen und uns über andere zu überheben. Aber es ist ganz klar: Wenn das beide Seiten machen, wird es nie zu einer Versöhnung kommen. Es kann also nur das uneingeschränkte Wohlwollen - vor allem dem Andersdenkenen gegenüber unser Mittel und unser Antrieb sein.

Später heißt es noch im Epheserbrief: "Jede Art von Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei und Lästerung und alles Böse verbannt aus eurer Mitte! Seid gütig zueinander, seid barmherzig, vergebt einander, weil auch Gott euch durch Christus vergeben hat."

Ich denke, dass wir, mit diesen guten Gedanken im Hinterkopf eigentlich gar nichts mehr falsch machen können.

Mit diesem Rüstzeug Christi dürfen wir vertrauen zum Thema "Spaltung der Gesellschaft" einen kleinen aber wichtigen Beitrag zu leisten, und so dürfen wir vielleicht doch mit etwas mehr Freude und mit etwas mehr Zuversicht in das neue Jahr blicken.

 

Fürbitten und Danksagungen:

Liebender Vater wir bitten dich,

für alle, die Verantwortung tragen: Dass sie erkennen, dass immer das Gemeinsame über das Trennende zu stellen ist.

 

für uns selbst, denen es jetzt vielleicht schwer fällt, aufeinander zuzugehen: Lass uns die Initiative ergreifen und im richtigen Moment die richtigen Worte finden.

 

für alle Menschen, denen es am heutigen Tag an Zuversicht mangelt: Lass sie deine Liebe erfahren - am besten durch jemanden von uns.