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Messtexte – 27./28.06.2020

 

Einstimmung

L1:      
Heute geht es wieder einmal um eine Provokation. Jesus provoziert uns, fordert uns heraus, stößt uns vor den Kopf. Jesus mutet uns einiges zu – überfordert er uns?

L2:      
Heute geht es um das Loslassen. Alles was uns wichtig ist – wir sollen es los lassen? Alles was uns lieb ist – wir sollen es nicht zu wichtig nehmen? Alle, die uns lieb sind – wir sollen Jesus mehr lieben? Mehr lieben als Vater und Mutter, Sohn und Tochter?

L1:      
Die Jünger Jesu: Sie wurden aufgerufen, ihr bisheriges Leben hinter sich zu lassen und Jesus nachzufolgen. Und viele Menschen haben das getan, viele Menschen haben ihre Familie zurückgelassen und sind Jesus gefolgt. Aber ist das für uns in der heutigen Welt überhaupt noch ein Vorbild? Ist ein solch radikaler Aufbruch nicht verantwortungslos?

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L2:      
Wir hängen an unserem Alltag. Wir hängen an unseren Gewohnheiten. Wir hängen an unseren vielen Annehmlichkeiten.     
Aber was in unserem Leben ist uns wirklich wichtig?

Herr, erbarme Dich unser.

L1:      
Wir ängstigen uns vor Veränderungen. Wir sorgen uns um unsere Zukunft. Wir planen gerne möglichst alles voraus. Wir behalten gerne die Kontrolle.    
Aber was in unserem Leben ist uns wirklich wichtig?

Christus, erbarme Dich unser.

L2:      
Wir glauben zu wissen, was uns gut tut. Wir haben fixe Vorstellungen. Wir lieben unsere Rituale und Traditionen.   
Aber was in unserem Leben ist uns wirklich wichtig?

Herr, erbarme Dich unser. 

 

Predigt – Mt 10,37-42

Bei der Vorbereitung dieser Predigt bin ich (fast) zur Überzeugung gekommen, dass ich aus meinem Orden und letztlich auch aus der Kirche austreten muss und dass ich wahrscheinlich woanders glücklicher werden kann. Als Gefährte Jesu, als Ordenspriester der Gesellschaft Jesu bin ich, nach diesen so herausfordernden Worten Jesu, doch nicht geeignet Jesus nachzufolgen. Wer von uns hier kann unter diesen Umständen Jesu überhaupt nachfolgen? Ist die Nachfolge Jesu nur etwas für auserwählte Christus-Spezialist*innen, für eine kleine elitäre Gruppe von frommen Rechtgläubigen, die zumindest selbst der Meinung sind, solche Maximalanforderungen zu erfüllen?

Vielleicht kennen wir einzelne große Heilige, von denen ein solches Leben bekannt ist – aber als Durchschnittschristen lassen uns diese Forderungen Jesu eher hilflos, vielleicht sogar desillusioniert zurück. Nur wenige von uns könnten und wollen in dieser Radikalität das Evangelium leben. Auch in der Geschichte des Christentums konnten wahrscheinlich nur sehr wenige außergewöhnliche, begnadete Menschen dem radikalen Ruf Jesu folgen. Und doch fordert uns Jesus immer wieder auf und auch heraus, in seine Nachfolge zu treten. Das ist für mich letztlich dochermutigend. Unser heutiges Evangelium will darauf aufmerksam machen, dass gerade diese Nachfolge nicht einfach ist und uns als ganze Menschen herausfordert.

            Viele Menschen haben Jesus begleitet. Sie wollten mehr hören vom Reich Gottes, dessen Anbrechen Jesus verkündete. Sie wollten sich ihm anschließen auf dem Weg nach Jerusalem. Sie suchten seine Nähe. Sie glaubten, dass er in der Unsicherheit des alltäglichen Lebens etwas Gültiges zu sagen hat und etwas Bleibendes zu geben hat. Jesus weist diese Menschen nicht einfach ab. Er will aber auch nicht, dass sie ihm mit falschen Erwartungen folgen. Und gerade diesen Menschen guten Willens mutet er mit größter Offenheit Dinge zu, die sie damals, genauso wie uns heute, verwundert, ja eher noch verwirrt und abgestoßen haben.

Jesus will, dass wir uns – dass sich alle Menschen – demWort Gottes öffnen. Jesus macht kein Geheimnis daraus, dass die Antwort auf Gottes Ruf den ganzen Menschen erfordert und anspruchsvoll ist. Jesus fordert uns dazu auf, Gott in den Mittelpunkt unseres Lebens zu stellen. Alle anderen Dinge, an denen wir Menschen oft mit ganzer Kraft hängen und die wir gerne in die Mitte unseres Lebens stellen sollen wir ganz bewusst in einem neuen Licht sehen. Die Familie, das eigene Leben, das Streben nach Wohlstand, nach Besitz – alles soll immer in Verbindungmit Gott gesehen werden. Er sagt nicht, dass wir nur Gott lieben sollen, um seiner wert zu sein. Er weist auf eine gute Balance hin, wenn er von Gott und den je eigenen Haltungen in der Nachfolge spricht. Jesus möchte Nachfolgerinnen und Nachfolger haben, die sich frei, bewusst und überlegt dazu entscheiden, im ehrlichen Wissen um das, was erforderlich ist, ihm zu folgen. Jesus nennt diese Bedingungen nicht nur einigen wenigen, die er besonders ausgewählt hat, sondern den vielen Menschen, die ihn begleiten. Diese Bedingungen gelten für uns alle, für alle Christen – bis heute.

Jesus weißsehr wohl, dass mit dieser Herausforderung nicht alle Menschen, die seine Botschaft hören, zu großen Heiligen der Kirche werden, weil sie eben nicht alles bis ins letzte perfekt erfüllen können. Dennoch will er dazu auffordern, herausfordern, einladen, dass wir als Christ*innen immer wieder nach der Bedeutung Gottes in unserem Leben fragen. Wenn wir unsere Nachfolge Christi ernstnehmen, dannkann all das, was im eigenen Leben einen besonderen Stellenwert beansprucht – Familie, Besitz, Beruf und vieles andere – vom Mittelpunkt der Gottesbeziehung aus gesehen und beurteilt werden.

            Jesus will die, die ihm nachfolgen wollen aufrütteln. Damals war es, wahrscheinlich ähnlich wie heute, nicht genug, dass Menschen Gott – falls es gelegen kommt – eine oder zwei Stunden in der Wochereservieren. Damit stellen wir ihn in eine Ecke unseres Lebens, in der er letztlich keine wirklich entscheidende Rolle spielt. Das versteht Jesus nicht unter Nachfolge. Wir sollen uns als Christen immer wieder ehrlich prüfen, wo wir in unserer Beziehung mit Gott stehen. Wir dürfen uns an den hohen Forderungen Jesu orientieren und mit aller Kraft versuchen, soviel wie uns möglich in unserem alltäglichen Leben umzusetzen.

Im Blick auf Gott sollen wir unser Leben meistern und es auf eine offene, aufmerksame Gottesbeziehung aufbauen. Dazu wollen die Worte des Evangeliums herausfordern – nicht abschrecken! Wenn das auch nur ein wenig gelingt, so hätten Jesu Worte im heutigen Evangelium ihr Ziel erreicht: das wir so immer wertvoll sind für Gott, dass wir in diesem Geist das Leben suchen, dass wir bereit sind Gott, seine Prophet*innen und alle Gerechten in unseremLeben aufzunehmen.

Dazu wünsche ich uns allen Mut, Kraft, einen „langen Atem“ und Segen!

 

P. Friedrich Prassl SJ

 

Fürbitten:

L1:      
Jesus, Du sprichst uns an, Du traust uns viel zu. Gib uns den Mut und die Kraft, Dir zu vertrauen, manches loszulassen und Dir nachzufolgen.

L2:      
Jesus, manches in unserem Leben ist nicht leicht zu ertragen. Hilf uns dabei, und hilf uns zu vertrauen, dass Du uns nicht   mehr zumutest, als wir tragen können.

L1:      
Jesus, unser Leben ist schön. Wir möchten Dir danken: Für unsere Eltern, für unsere Kinder, für unsere Freunde, für die Gemeinschaft am Georgenberg, für jede liebevolle Begegnung, für unser Leben.

L2:      
Jesus, die letzte Schulwoche beginnt, und deswegen möchten wir für unsere Kinder bitten: Lass unsere Kinder einen unbeschwerten Sommer genießen, aber wir bitten Dich auch, dass im Herbst ein Weg gefunden werden kann, der allen Kindern und Jugendlichen einen guten Zugang zu Bildung, Ausbildung, Fortbildung ermöglicht.

 

Schlussgedanken nach der Kommunion:

Jesus: Dich hören.

Jesus: Auf Dich schauen.

Jesus: Dich erleben.

Jesus: Dir vertrauen.

Jesus: Dir nachfolgen.