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Aschermittwoch 2. März 2022

Liebe Georgenbergerinnen, liebe Georgenberger!

Ich möchte Euch über dieses Medium recht herzlich begrüßen. Fühlen wir uns untereinander verbunden. Vor allem aber fühlen wir uns in Gott miteinander verbunden.

Dieser Brief will nicht nur zum Lesen sondern auch zum Feiern einladen.

 

Ein Ausdruck der Verbundenheit ist der Zuruf, den wir immer am Beginn unserer Gottesdienste sagen:

Der Herr ist mit uns.

Das dürfen wir jetzt bejahen. Ja er ist mitten unter uns (auch wenn wir alleine sind oder in einem kleinen Kreis).

 

Einführung:

Wir stehen am Beginn der Fastenzeit. Ihr Endpunkt und Höhepunkt ist Ostern.

Was ist die Fastenzeit für uns, für jede und jeden von uns?

Weniger Essen und Trinken, ein Weniger an sonstigem Konsum? Das mag wohl seine Bedeutung haben. Bei allem, was wir an Veränderungen und Einschränkungen ins Auge fassen, muss es der Prüfung standhalten:

Bringt es uns näher zum Verständnis des Osterfestes?

 

Und so wollen wir beten:

Guter Gott, am Beginn dieser Zeit, die uns auf das Osterfest hinführt, denken wir an deine Geduld, die du mit uns Menschen hast. Gib uns Entschlossenheit unser Leben kritisch anzusehen und deinen Willen zu suchen.

Darum bitten wir durch Jesus, unseren Bruder. Amen.

 

Evangelium: Mt 6, 24-33

Predigt:

Es ist Zeit für (m)eine Revision                        

Jüngsten Erhebungen zufolge, leben heute mehr Menschen in Diktaturen als in Demokratien. Tendenz steigend. Diktatur ist die Herrschaft eines Diktators mit unbeschränkter Macht.

Diktatur bringt Unfreiheit, Unterdrückung und Gewalt mit sich.

 

Die Folge ist, dass oftmals Einzelne oder Gruppen in Gewaltherrschaften einfach untergegangen sind.

Eine Alternative war sich anzupassen, und sei es nur nach außen hin und vielfach gegen die eigene Überzeugung.

Und die dritte Möglichkeit nach untergehen und anpassen war das Aufbegehren. Sicher etwas Radikales, Entschiedenes, vielleicht Umwälzendes.

 

Wenn wir unsere eigenen Lebensbereiche ansehen, erhebt sich gelegentlich auch die Frage: Bin ich Frau, bin ich Mann im eigenen Haus? Eine Fremdbestimmung, der Einfluss anderer wie auch die Rücksichtnahme auf andere, wird es wohl häufig geben. Der Grad der Fremdbestimmung ist wichtig. Kann man da, und wie kann man da herauskommen?

Wenn uns z.B. die Arbeit beherrscht, gibt es immerhin eine gesetzlich geregelte Wochenarbeitszeit und gesetzlich geregelten Urlaub. Wenn die Gesundheit es verlangt, haben wir die Chance auf eine Behandlung oder wir können auf Kur gehen. Wenn ein Betrieb nicht gut läuft, wird das Unternehmen einer Revision unterzogen und umstrukturiert. Es gibt also Möglichkeiten aus einer schlechten Situation herauszukommen.

 

Was unsere geistige Ausrichtung anlangt, so tut es gut, sie auch und regelmäßig einer Prüfung wie einer Revision zu unterziehen. Die Evangeliumsstelle, die wir gehört haben, gibt uns den Rat zu prüfen, was wirklich wichtig ist.

Die Fastenzeit könnte so die Zeit des Aufbegehrens gegen die Missstände in meinem eigenen Haus sein. Aufbegehren, weil ich nicht in den Missständen untergehen möchte. Aufbegehren und  prüfen, was wirklich von Bedeutung ist.

 

Drei Notwendigkeiten für ein Aufbegehren möchte ich zur Überlegung vorbringen.

 

1. Aufbegehren gegen die Friedlosigkeit

 

Beim Aufbegehren gegen die Friedlosigkeit geht es darum, die eigenen kleinen Kriegszüge und Sticheleien zu bedenken, die Eroberungszüge des Mehrwollens. Manchmal sind da Konfrontationen kaum zu vermeiden.

 

Und von Jesus wissen wir, dass er auch schwere Konflikte hatte. Und zwar mit dem Apparat, den wir als die Amtskirche der damaligen Zeit bezeichnen können. Da war keine Friedfertigkeit. Man wollte ihn ermorden.

 

Jesus hat aber seinen Freunden bei deren Aussendung empfohlen: Wenn ihr in ein Haus kommt, wünscht ihm zuerst den Frieden (Mt 10,12). Wir dürfen das auf unser eigenes Haus anwenden. Wünschen wir unserem Lebenshaus zuerst einmal den Frieden.

 

Fastenzeit könnte somit ein Aufbegehren gegen die Friedlosigkeit in mir sein, ein Abwenden von den kleinen Wortgefechten und grimmigen Mienen. Fastenzeit können wir als Zeit der Friedenssuche bis hin zur Zufriedenheit sehen.

 

2. Aufbegehren gegen die Ruhelosigkeit

Beim Aufbegehren gegen die Ruhelosigkeit geht es darum, die eigene Geschäftigkeit und Maßlosigkeit anzusehen. Manchmal wird schon auch ein intensives Engagement notwendig sein, manchmal, so könnte es auch sein, reden wir uns das aber nur ein.

Auch von Jesus wird gesagt, dass es ihn gedrängt hat zu den Menschen im ganzen Land zu gehen (Mk 1,38). Und Paulus spricht auch davon, dass ihn die Liebe Christi drängt

(2 Kor 5,14). Aber, und das scheint mir bedeutend, Jesus zieht sich immer wieder in die Einsamkeit zurück (Mk 1,35. Mt 14,23). Dort ist er mit Gott, den er als Vater anspricht, allein.

Wir dürfen uns fragen, wo unsere einsamen Orte sind. Damit meine ich die Orte und Bereiche, wo ich nichts muss, wo ich die Zwänge der Welt und die meines Lebens zurücklassen kann.

Fastenzeit könnte somit das Aufbegehren gegen die Ruhelosigkeit in mir sein. Die Fastenzeit könnte ich als Zeit des vermehrten Suchens nach Stille, Gebet und Gottesbegegnung sehen.

 

3. Aufbegehren gegen die Hilflosigkeit

Beim Aufbegehren gegen die Hilflosigkeit geht es darum, das Steckenbleiben in der Ichbezogenheit zu überwinden. Manchmal werden wir zu sehr uns selbst im Blickfeld haben, z.B. unsere eigene Eitelkeit, die sich wünscht für andere unentbehrlich und beherrschend zu sein.

Auch für Jesus gab es provokante und verführerische Situationen und seine Freunde hätten gerne nach einer weltlichen Macht gegriffen. Und sie haben schon überlegt, wer von ihnen welche Ehrenplätze bekommen könnte. Da musste Jesus korrigieren und erklären: Wer von euch der Größte sein will, der soll der Diener aller sein (Mk 10,43).

Für uns sollte gelten, die Aufgabe des Dienens zu übernehmen, anzupacken und für die  anderen da sein. Selbst wenn es um den Sklavendienst der Fußwaschung geht. Gemeint ist, was als niedriger, vielleicht unangenehmer Dienst angesehen wird. Wer den anderen dienlich ist, überwindet die Ichbezogenheit.

Fasten könnte somit das Aufbegehren gegen die Hilflosigkeit sein. Fasten könnten wir als die Zeit der Hilfsbereitschaft sehen, eine Zeit besonderer Aufmerksamkeit für Hilfsbedürftige.

Wie ist es also um mein Lebenshaus bestellt. Sehen wir uns ehrlich an. Prüfen wir uns. Wenn wir nicht untergehen wollen und uns nicht anpassen wollen, dann empfiehlt uns unser Gewissen ein Aufbegehren gegen die Missstände in meinem Haus. Ein Aufbegehren ist etwas Radikales, etwas Entschiedenes, vielleicht Umwälzendes.

Ostern, das Fest der Auferweckung Jesu, wäre so ein Zielpunkt um meine persönliche Revision durchzuziehen. Ostern ist etwas Umwälzendes.

Statt einem Aschenkreuz, können wir das folgende Gebet sprechen:

Guter Gott, die Asche sehen wir als Zeichen, dass aus Vernichtung und Tod neues Leben entsteht. Gerade am Beginn der Fastenzeit denken wir auch an Jesu Tod und Auferweckung.

Mit dem Blick auf Ostern wollen wir diese Zeit bewusst leben. Unser ehrliches Bemühen ist  gefragt. Ein einfaches, vor Gott demütiges Bemühen, um gegen unsere Missstände anzukämpfen.

 

Fürbitten:

Guter Gott, wir kommen zu dir mit unseren Anliegen. Höre uns an.

° Guter Gott, am Beginn dieser Fastenzeit wollen wir uns und unser Leben prüfend ansehen. Gib uns den Mut zu Ehrlichkeit und Offenheit.

Wir wollen umkehren zu Gott.

° Guter Gott, der Kurs unseres Lebens wird nicht immer geradlinig auf ein Ziel zugehen. Das braucht ein Erkennen und eine Korrektur. Gib uns die Kraft uns zu verändern.

Wir wollen umkehren zu Gott.

° Guter Gott, die Veränderung beginnt immer bei uns selbst, bei unserer Einstellung. Gib uns den Wunsch nach Frieden in uns und eine ansteckende Friedfertigkeit.

Wir wollen umkehren zu Gott.

° Guter Gott, wir unterstreichen unsere Bedeutung oftmals durch unser geschäftiges Tun und Reden. Wichtig und bedeutend ist das Gespräch mit dir. Gib uns in dieser Zeit verstärkt das Bedürfnis mit dir zu sein.

Wir wollen umkehren zu Gott.

° Guter Gott, in der Welt gilt das Herrschen und Beherrschen. In der Kirche war und ist das oftmals nicht anders. Jesus mahnt uns aber zum Dienen. Gib uns die von Liebe geprägte Haltung unseren Nächsten dienlich zu sein.

Wir wollen umkehren zu Gott.

° Guter Gott, Jesus mahnt uns auch vor falschen Übungen des Fastens, und sagt: Wenn ihr fastet, dann macht kein finsteres Gesicht. Gib uns gerade in dieser Zeit ein Gesicht, das Freude ausstrahlt.

Wir wollen umkehren zu Gott.

Guter Gott, jede und jeder von uns trägt unterschiedliche Anliegen, Wünsche und Bitten in sich. Du kennst sie. So bitten wir im Vertrauen, nimm sie an. Lass auch uns das Leben annehmen und nach Deinem Willen gestalten, denn wir wollen uns dir zuwenden und zu dir umkehren. Amen.

Wir dürfen jetzt auch das Gebet anschließen, das Jesus seinen Freunden gelehrt hat.

 

Vater unser…

Wünschen wir einander jetzt den Frieden, der in uns selbst beginnt. Wünschen wir ihn unserem Lebenshaus und wünschen wir ihn der Welt.

Denken wir in Stille an all die Menschen, die von Krieg und Gewalt betroffen sind.

***

Wir haben eingangs von der Verbundenheit untereinander gesprochen. Wenn wir einander nicht begegnen, weil die Pandemie uns Schwierigkeiten bereitet, so können wir doch im Geiste verbunden sein. Wir können uns auch den Frieden wünschen. Und Nachdruck können wir diesem Wunsch verleihen indem wir jemanden anrufen.

Ihr wisst ja, auch das ist eine Form der Kommunion.

 

Und so wollen wir beten:

Guter Gott, wir haben dein Wort gehört und wollen es in unser Leben aufnehmen.

Die Asche, die zum heutigen Tag gehört, ist ein Symbol für das Absterben und Wiederaufleben. Gib uns Willen und Kraft gegen das Alte, das uns von dir weggeführt hat, aufzubegehren. Gib uns Entschlossenheit dem Leben Jesu nachzueifern.

Dazu erbitten wir deinen Segen. Es segne uns der gütige Gott,

der Vater durch den Sohn und im Heiligen Geist. Amen.

 

Habt eine gute Zeit der Vorbereitung auf Ostern.

Das wünscht Euch Euer Diakon, Hubert