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Gemeindemesse am 10./11. April 2021

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Wie war das vor Corona, wie haben wir die Zeit nach Ostern verbracht?

Nach dem Feier-Wochenende, an dem wir viele Menschen getroffen haben, war es vielleicht wieder ganz angenehm, zu Hause zu bleiben.  Ein bisschen zur Ruhe zu kommen, wie nach anderen großen Festen.

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Und damals, nach dem ersten Ostern?

Die Jünger haben sich im Haus versteckt, sie waren verunsichert und ängstlich. Sie haben einen guten Freund verloren, mehr noch: Ihre Leitfigur, ihr Vorbild.

Und dann, als sie sich wieder treffen und beisammen sind, erleben Sie ihn plötzlich wieder. Er ist mit seiner Botschaft präsent, ja, er gibt Ihnen sogar einen Auftrag: Sie sollen seine Botschaft weitertragen.

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Die Situation der Jünger erinnert mich an unsere Gemeinde. Viele von uns vermissen etwas, das für sie die Vertrautheit und besondere Atmosphäre hier in unserer Kirche ausgemacht hat: das Pfarrkaffee, die gemeinsamen Veranstaltungen, die große Gemeinschaft und Franz.

Lassen wir uns heute ganz auf das Evangelium ein und werden wir dafür empfänglich, wie vielfältig  wir täglich an die Botschaft Jesu erinnert werden, damit wir Sie auf unsere Art weitergeben können!

 

Lied:Kyrie eleison

Vergebungsbitte

 

Zeugnis: Peter Studnicka

Liebe Schwestern und Brüder,

liebe Gemeinde am Georgenberg,

 

in welch' verrückten Zeiten leben wir! Ein Virus hält die ganze Welt in Atem, immer nur dieselben Nachrichten von neuen Zahlen. Und das sind nicht einfach  irgendwelche Schreckenszahlen aus anderen Ländern. Allein in Österreich sterben täglich etwa 25 Menschen am Virus, im Dezember waren es mehr als 100 Tote pro Tag. Das sind nicht nur Zahlen, da hängen viele tausende Einzelschicksale daran, auch die Überlebenden haben oft lange qualvolle Wochen im Krankenhaus hinter sich, und viele werden an den Folgen der Krankheit ihr Leben lang leiden. Eines der vielen Todesopfer war unser geliebter Franz. Unser Immer-begeisterter immer-fröhlicher Seelen-Lehrer und Alles-Verzeiher, unser Ermutiger und Vorbild an Gott-Vertrauen. Er hat bei unserem letzten Gespräch am Telefon zu mir gesagt: "Halleluja, ich bin positiv! Wenn es der liebe Gott so will, dann werde ich jetzt gehen." Eine Woche später war Franz im Himmel.

Und heute hören wir dieses Evangelium mit dem ungläubigen Thomas. Es stellt mich vor die Frage: Woran glaube ich? Was bedeutet Glauben für mich? Was meint Jesus, wenn er zu uns sagt: "Selig, die nicht sehen und doch glauben?"

Als Thomas gesehen hatte, hat er geglaubt. Er hat das, was er gesehen hat, nicht nur akzeptiert "Ich anerkenne, dass ich meine Hand in die Einstichstelle der Lanze gelegt habe, du bist also von den Toten auferstanden." Nein, es hat sein ganzes Denken verwandelt. Seine Worte "Mein Herr und mein Gott" drücken das aus. Sein Glauben ist nicht nur das Akzeptieren von Tatsachen, sondern es ist die in die Zukunft gerichtete Konsequenz seiner Erfahrung mit Jesus. Sein "Mein Herr und mein Gott" sagt aus, dass er ab jetzt zu 100% für und bei Jesus ist.

Zu Beginn der Pandemie gab es einen harten Lockdown. Erschreckende Bilder aus Italien haben ganz Österreich schockiert, und man hat der Regierung geglaubt, dass da ein sehr gefährliches Virus ist, und hat sich an die sogenannten Maßnahmen gehalten. In nur wenigen Wochen waren die Zahlen im Keller, alle waren erleichtert. Aber plötzlich waren da viele Ungläubige, sie hatten immer schon gewusst, dass es nie so schlimm war, und Normalität gefordert. Der Kanzler wurde sogar angegriffen, weil er vor der Pandemie gewarnt hatte, die dann ohnehin nicht so schlimm war.

Ein großer Teil der Österreicher, auch viele Experten, hatten den Glauben an die Gefährlichkeit des Virus verloren. Und es damit massiv unterschätzt. Das führte dann zur sogenannten zweiten Welle im Dezember, die auch unseren lieben Franz betroffen hat.

Wir wissen: Wenn ganz Österreich für 3 Wochen konsequent die minimalen Maßnahmen einhalten würde, wäre das Virus nach diesen 3 Wochen praktisch verschwunden. Das ist natürlich reine Theorie, denn wir haben - leider - viel zu viele unter uns, die an nichts glauben, auch nicht an Tatsachen. Entweder weil ihr eigenes Weltbild nicht in der Lage ist, neue Situationen anzuerkennen und danach zu handeln oder weil es ihnen einfach egal ist.

Was hat das mit dem heutigen Evangelium und mit Thomas zu tun?

Der wahrscheinlich populärste österreichische Politiker des 20. Jahrhunderts, Leopold Figl, verdankte seine Popularität unter anderem einer Radio-Ansprache zu Weihnachten des Jahres 1945. Er sagte damals als Schlusssatz: "Ich bitte euch, glaubt an dieses Österreich." Und vermutlich hat vor allem dieser Glaube dazu beigetragen, dass Österreich innerhalb weniger Jahre zu einem blühenden Land und zu einer modernen Demokratie wurde.

Dieser Glaube an unsere Fähigkeiten, der Glaube, an uns selbst, und auch der Glaube an das Gute in unseren Mit-Menschen ist das, was wir heute so sehr brauchen. Was uns so sehr fehlt. Weil wir die Fehltritte einiger Mächtiger sehen, fehlt uns der Mut zu eigener Initiative. Weil wir nicht glauben wollen, dass sich Menschen auch ändern können, verzichten wir darauf, unsere Anliegen offen vorzubringen. Auch die Klimakrise, ist letztlich eine Glaubenskrise: Es geht nicht nur darum, zu verstehen, dass sie existiert und dass sie uns alle bedroht. Es ist auch wichtig, zu vertrauen, zu glauben, dass wir, wenn wir etwas dagegen unternehmen, damit Erfolg haben können.

Ein großes österreichisches Kreditinstitut hat seit einiger Zeit einen Werbeslogan, der mir sehr gut gefällt. Es wirbt mit dem Appell "Glaub' an dich". Auch dieser Glaube an mich selbst, das Vertauen in die eigenen Fähigkeiten, ist wichtig und Gott-gewollt. Aber wie leicht lassen wir uns verunsichern von  Negativisten und Besser-Wissern, die meinen, dies oder das könne so nie gelingen?

Denken wir an unsere Beziehung, an die Liebe unseres Lebens: Was wäre diese Beziehung, wenn wir nicht an sie glauben würden? So schnell käme einem in den Sinn: "Oh, dieser Mann wäre eigentlich viel attraktiver als mein alter Grantscherben, den ich daheim habe." Oder: "Diese Frau könnte doch viel besser zu mir passen als die meine, die doch immer nur an mir herummeckert." Ohne diesen Glauben an unsere Liebe wären doch alle Gefühle schon sehr schnell wieder vergessen, und keine Ehe hätte wirklich lange Bestand. Wenn dieser Glaube an den Ehepartner einmal weg ist, sind die Scheidungspapiere schnell unterschrieben.

Glaube kann tatsächlich Berge versetzen. Er kann ein ganzes Land in kürzester Zeit zu Wohlstand bringen. Und fehlender Glaube kann tatsächlich alles in nur sehr kurzer Zeit zerstören. Daher ist der Glaube an Gott, an seine Liebe, aber damit auch der Glaube an unsere Mitmenschen, an ihren guten Willen, und letztlich auch der Glaube an uns selbst als von Gott-Geliebte, so wichtig für uns.

In der heutigen Lesung aus der Apostelgeschichte wird von der Urgemeinde der Christen erzählt: "Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam". Wäre so ein Miteinander möglich gewesen ohne den Glauben auch aneinander, ohne das unbedingte Vertrauen in die Gemeinschaft und den Glauben an das Gute in den anderen?

Vor mehr als 4 Monaten ist unser Franz von uns gegangen. Ohne viel Aufhebens, ohne langes Jammern hat er sein Schicksal in Dankbarkeit und im Glauben an seinen ihn immer liebenden Papa angenommen. Er fehlt uns sehr. Franz ist im Himmel, und wir am Georgenberg müssen jetzt ohne ihn auskommen. Aber im Glauben an Gott und an seine Liebe können wir auch ohne ihn weiter wachsen. Wir können vertrauen, dass Franz schützend seine Hand über uns hält, und wir können glauben, dass unsere Gemeinde weiterhin Heimat für uns bleibt, weil wir in der Liebe Gottes sind. Und so möchte ich mein heutiges Zeugnis auch mit einem Appell an euch beenden: Liebe Gemeinde am Georgenberg, glaubt daran, dass wir auch weiterhin in Geborgenheit am Geborgenberg miteinander leben können. Glauben wir aneinander und an unsere christliche Gemeinschaft. Glaubt an die Gemeinde am Geborgenberg!

 

Fürbitten:

Liebender Vater, wir bitten dich

  • für alle, die in unsicheren Zeiten Sicherheit und Halt suchen: Lass sie erkennen, wo es möglich ist, trotz Einschränkungen ihren Alltag zu gestalten, damit Sie nicht in der Zurückgezogenheit verkümmern.
  • für die, denen es schwer fällt, zu glauben: Schenk Ihnen Begegnungen mit Menschen, die sie mit ihrer Begeisterung anstecken.
  • für alle Menschen, die entdecken, wo deine Botschaft gebraucht wird und sich trauen, sie auf unkonventionelle Art zu verbreiten.

 

Theresia Schmid