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Weihnachtsmesse 24.12.2021


„Selbst zum Geschenk werden – ein Geschenk für andere werden“

Einleitung/Kyrie:

        L2:  Ich verkünde euch eine große Freude:
Heute ist uns der Retter geboren;
er ist der Christus, der Herr.

        L1:  Normalerweise betrachten wir die Krippe von außen und stehen davor.
Wie wäre es, einmal das Geschehen mit den Augen des Christkinds zu sehen?
Legen wir uns einmal in die Krippe hinein und schauen, was es zu sehen gibt:

        L2:  Da sind zunächst einmal die Eltern.
Sie wirken erschöpft, verunsichert und ängstlich. Aber: voller Liebe für ihr neugeborenes Kind.

        L1:  Da sind Ochs und Esel.
Deren genaue Aufgabe kennt das Kind in der Krippe noch nicht. Aber: Ihr Atem wärmt.
Sie machen den Eindruck von treuen Gefährten, frei von allen Vorurteilen.

        L2:  Da sind auch einige Gäste. Unbekannte, aber scheinbar begeisterte Gäste. Einige fallen sogar auf die Knie, was ein bisschen komisch ist. Aber: Sie kommen mit großen Erwartungen und voller Hoffnung.
Und sie haben Geschenke mitgebracht.
Ziemlich Nützliches wie: ein Fell, etwas Milch und für die Eltern ein wenig Fleisch.

        L1:  Ein bisschen machen die Gäste auch einen ein wenig enttäuschten Eindruck.
Vor dem heutigen Tag haben sie zwar auch nicht genau gewusst, wie sie sich Gott vorstellen können, aber so eigentlich auch nicht: Sie haben auf Hilfe gehofft und finden ein hilfloses Kind.

        L2:  Was tut ein Neugeborenes schon?
Es ist einfach da. Manchmal weint es, weil es Hunger oder Bauchweh hat. Oder es schläft.
Und manchmal, und das sind die Sternstunden, da lächelt es.
Das sind die Momente, in denen alles gut ist. Und Unangenehmes für Augenblicke in Vergessenheit geraten kann.

        L1:  Später werden noch mehr Menschen auf Besuch kommen.
Sie kommen von weit her und nennen sich „die Weisen“, aber unter uns: So weise können sie nicht sein, denn ihre Geschenke sind doch eher unpassend und ziemlich nutzlos für ein eben geborenes Kind. Es zu umarmen, oder zumindest in den Arm nehmen, das hätte dem Kind schon gereicht.
Aber wir wollen nicht zu streng sein. Auch sie haben einen König erwartet.

        L2:  Lassen wir uns – besonders in dieser distanzierten Zeit – von der Liebe Gottes umarmen, um Halt und Geborgenheit zu erfahren.
Wenn wir ein Baby im Arm halten, sind wir gezwungen, innezuhalten.
Wir bewegen uns sanft, um dem Kind Geborgenheit zu geben. Wir versuchen, uns in die Welt des Kindes einzufügen und seinen Bedürfnissen anzupassen.
Nehmen wir doch das Kind aus der Krippe mit in den Alltag. Halten wir inne, und versuchen, unser Leben anzupassen an das, was wir von Jesus erfahren durften; an das, was unser Leben gelingen lässt.
Herr umarme uns

        L1:  Im besten Fall ist ein Geschenk etwas, das ich bekomme, ohne dass es an Bedingungen geknüpft ist. Etwas, das ich ersehnt habe, ohne es wirklich zu wissen; ersehnt, ohne es benennen zu können. Etwas, das mich vervollständigt und größer und glücklicher werden lässt.
„Selbst ein Geschenk zu werden für andere und für mich selbst“: Das könnte mein Leben erfüllen, jeden Tag neu.
Christus umarme uns

        L2:  Wenn ein kleines Kind lächelt, dann erfüllt es uns mit einer tiefen Freude; manche sagen auch: Es ist, als ginge die Sonne auf.
Nicht immer ist es für uns einfach, Freude zu empfinden, wenn wir Geschenke bekommen.
In unserm Kopf taucht sofort ein „Aber“ auf.
Wir denken: Kann ich das brauchen? Macht es mich dick? Warum hab ich gerade das geschenkt bekommen? Was muss ich denn da zum „Gegengeschenk“ machen?
Betrachten wir unsere Geschenke wie das Lächeln des Kindes:
Wir wissen nicht immer, worin es begründet ist und warum es gerade uns geschenkt wurde. Aber es lässt tiefe Freude entstehen.
Herr umarme uns

Tagesgebet

             Vater im Himmel, wir danken dir für das Geschenk, das du uns zu Weihnachten gemacht hast. Wir danken dir für Jesus, deinen Sohn. Mit den Hirten machen wir uns auf den Weg, zu dir, um dir zu danken, dass du uns nahe sein willst durch Jesus Christus, unseren Bruder in Ewigkeit.
Amen.

Lesung(nach Tit 2, 11-14)

     Jesus Christus ist das sichtbar gewordene Geschenk der Zuwendung Gottes an uns.
Seine Zuwendung gilt allen Menschen und wenn du sie annimmst, dann wird sie dich verändern. So, dass du dir ein Leben ohne sie gar nicht mehr vorstellen willst.
Sie wird dazu führen, dass du dich von der einen oder anderen Begehrlichkeit, die du jetzt für erstrebenswert hältst, verabschieden wirst.
Du wirst dein Leben so führen, dass durch dich und viele andere, die es ebenso tun, die Welt in einem Zustand ist, als wäre Christus selbst wieder auf die Erde gekommen.
Und wer erhofft das nicht?
Von der Befürchtung, dass wir in irgendeiner Art von „Schuld“ gegenüber Gott stehen könnten, hat Christus uns befreit, und zwar mit einer Deutlichkeit, die selbst den Verlust seines eigenen Lebens eingeschlossen hat.
Gott und wir: Wir sind in besonderer Weise miteinander verbunden und bedeuten einander viel. Das der Welt zu zeigen: Wie könnte es besser gelingen, als dadurch, durch unser Leben und Wirken der Welt gut zu tun.

Evangelium(Lk 2,1-14)

     Wenige Wochen nach der Geburt von Johannes geschah Folgendes:
Der römische Kaiser Augustus erließ den Befehl, die gesamte Bevölkerung des riesigen Reiches in Steuerlisten zu erfassen. Es war die erste Erhebung dieser Art. Damals war Quirinus Statthalter der Provinz Syrien, zu der auch Israel gehörte.
Alle Menschen musste an den Ort reisen, aus dem ihre Vorfahren stammten, damit sie in die Listen eingetragen werden konnten.
So machte sich auch Josef aus Nazareth, einer kleinen Siedlung in Galiläa, auf den Weg nach Judäa in den Ort Bethlehem, jener Ort, aus dem König David stammte. Denn Josef war ein Nachfahre Davids.
Maria, seine Verlobte, ging mit ihm. Sie war zu der Zeit hochschwanger und während sie dort waren, kam die Zeit der Geburt.
Maria brachte einen Sohn zur Welt, ihr erstes Kind. Sie wickelte ihn fest in Tücher und legte ihn in eine Krippe, denn in der ganzen Unterkunft gab es keinen anderen Platz mehr, den sie bekommen konnten.
In der gleichen Nacht hatten in der Nähe auch einige Schafhirten draußen auf freiem Feld ihr Lager aufgeschlagen, weil sie über Nacht ihre Herde bewachen mussten.
Da stand plötzlich ein Engel mitten unter ihnen, umgeben von einem Lichtglanz, der alles rundherum ganz hell erstrahlen ließ. Darüber erschraken sie furchtbar. Doch der Engel beruhigte sie und sprach:
„Habt keine Angst. Ich bin hier, um euch eine wunderbare Nachricht zu bringen. Sie wird für alle Menschen Grund zu großer Freude sein: Heute, in dieser Nacht, wurde im Heimatort Davids der geboren, von dem die Schrift sagt, dass er der langersehnte Messias ist, der die Menschheit retten wird. Und so könnt ihr ihn erkennen: Als neugeborenes Kind, das in Windeln gewickelt in einer Futterkrippe liegt.“
Auf einmal waren bei dem Engel noch unzählige Engel mehr; sie sangen Loblieder auf Gott und riefen: „Ehre sei Gott in der Höhe. Sein Friede kommt zu allen Menschen auf Erden, weil er ihnen heute seine Zuwendung schenkt.“

PREDIGT

(Zärtlichkeit ) und noch einmal Zärtlichkeit

Zeuge möchte ich sein für die Zärtlichkeit Gottes zu uns und für die Sehnsucht Gottes nach unserer Zärtlichkeit zu ihm, zueinander, zu uns selbst. Einwand Nummer 1 würde lauten, das Wort klingt abgegriffen, banal, oberflächlich, jedenfalls unbrauchbar; Einwand Nummer 2 könnte lauten: hattest du nicht letztes Jahr ein ähnliches Thema?

Ich widerstehe den Einwänden und bleibe bei der Wahl meines Themas, denn es bewegt mich und ich behaupte, es hat Kraft und Zukunft.

Es geht angesichts eines neugeborenen und schutzlosen Kindes gar nicht ohne Behutsamkeit, Sanftheit und Zärtlichkeit. Sie ist eine der deutlichsten Aussagen und Offenbarungen des Weihnachtsgeschehens, das wir mit einem Fremdwort Inkarnation, d.h. wörtlich Fleischwerdung Gottes nennen. Besser ist Menschwerdung oder Beginn des größten Experimentes Gottes in Raum und Zeit, das vor etwa 2020 Jahren begonnen hat und nie mehr endet.

Wir sind hineingestolpert in eine neue Ära der oft argen und – zumindest für empfindsame Menschen – schmerzvollen Distanz, Kälte, Entfremdung bei gleichzeitiger Distanzlosigkeit, Respektlosigkeit, Seelentrampelei, Verdächtigungen, Verurteilungen, Wutentladungen und all dem, was ich nicht aufzuzählen brauche, weil es leider allzu üppig in den Medien, auch in privaten Kanälen transportiert wird.

Wir sind hineingeraten in eine Epoche voller düsterer Vorahnungen, dass die (zumindest für die westliche Welt) fetten Jahre unwiederbringlich vorbei sind, dass die Umwelt irreparabel geschädigt ist, und dass der soziale Friede nur mehr eine Erinnerung ist.

Viele klagen über Erschöpfung und dass sie nichts mehr hören können über Covid und über Impfungen. Die Bereitschaft anderen Positionen Verständnis entgegenzubringen ist gering. Das Kind in der Futterkrippe lädt uns ein, behutsam vorzugehen, uns von seiner Wehrlosigkeit gleichsam anstecken und mitnehmen zu lassen auf einen Weg der inneren Auslieferung an diesen unbegreiflichen Gott, dessen Stärke sich in seiner Schwäche offenbart.

Die Liebe zu predigen, ist ein paradoxes Unterfangen. Es ist fragwürdig, jemandem Liebe zu predigen, der aufgrund seiner Lebensbedingungen nicht in der Lage ist, sie anzunehmen. Es ist fragwürdig als zeitweise nicht oder viel zu wenig Liebender die Liebe zu predigen. Wir könnten uns alle selbst und einander vieler Fehler und Unvollkommenheiten überführen oder zumindest verdächtigen. An dieser Stelle möchte ich an die Lesung aus dem Titusbrief erinnern, die in freier (Staudinger!)Übersetzung diese wunderbare Aussage schenkt:
Von der Befürchtung, dass wir in irgendeiner Art von „Schuld“ gegenüber Gott stehen könnten, hat Christus uns befreit, und zwar mit einer Deutlichkeit, die selbst den Verlust seines eigenen Lebens eingeschlossen hat.

Vom machtvollen Akt Gottes der Geburt als wehrloses Kind zum machtvollen Akt der Wehrlosigkeit am Kreuz erstreckt sich eine Reihe der Offenbarungen seiner zärtlichen und barmherzigen Liebe:

  • im behutsamen Schweigen vor der Ehebrecherin, wo Jesus sich bückt und die Zeit mit seinem Schreiben im Sand überbrückt um letztlich zu bestätigen: auch ich verurteile dich nicht
  • im Nachfragen: was soll ich für dich tun?
  • Im Annehmen der Berührungen von Kindern, Männern und Frauen, sogenannten Unreinen
  • Im vertrauenden Schlaf im sturmgepeitschten Boot
  • Und in 100en weiterer Gesten, die schwarz und weiß im Evangelium stehen (schwarz steht für die Buchstaben und weiß steht für das, was wir zu Recht über den vorhandenen Text hinein- und herauslesen)

Und jetzt ist die Reihe an uns der Zärtlichkeit – d.h. der Betroffenheit, dem feinen Gespür, der liebevollen Aufmerksamkeit, der sanften und respektvollen und umfassenden, beinahe dankbaren Annahme der eigenen Schwäche wie der der anderen, letztlich auch der Wehrlosigkeit, der Auslieferung – Raum zu geben, sie zu feiern und zu leben.

Pfarald

 

Fürbitten:

Guter Gott wir bitten dich und danken dir.

Wir bitten für uns: Dass wir immer wieder innehalten und uns auf die Botschaft Jesu besinnen, damit unser Leben gelingen kann.

Wir bitten für uns, Dass wir zum Geschenk werden – für uns und andere.

Wir bitten für uns: Dass wir es nicht verpassen, uns mit tiefer Freude beschenken zu lassen.

Wir bitten für alle Flüchtenden: Dass sie als Menschen wahrgenommen werden und ihnen Sicherheit geschenkt wird.

Wir danken dir für unbeschwerte schönen Momente – ohne Stress und Verpflichtungen.

Wir danken dir, dass wir immer wieder neu beginnen können.

Wir danken dir für alle Menschen, die andere besuchen, sie im Leben begleiten und sich selbst als Geschenk mitbringen.

Wir danken dir für unseren Franz und alle anderen Verstorbenen, dass sie in unserem Leben eine wichtige Rolle gespielt haben und uns bereichert haben.

 

Text nach der Kommunion:

Ich werde zum Geschenk

Ich werde zum Geschenk, indem ich immer wieder neu beginne.

Ich werde zum Geschenk, indem ich mich mit anderen freue.

Ich werde zum Geschenk, indem ich mir Sorgen um andere mache.

Ich werde zum Geschenk, indem ich anderen zuhöre.

Ich werde zum Geschenk, indem ich vergebe.

Ich werde zum Geschenk, indem ich staune.

Ich werde zum Geschenk, indem ich mich nicht so wichtig nehme.

Ich werde zum Geschenk, indem ich die Natur als Kostbarkeit ansehe.

Ich werde zum Geschenk, indem ich Verantwortung übernehme.

Ich werde zum Geschenk, indem man sich auf mich verlassen kann.

Ich werde zum Geschenk, indem ich dankbar bin.

Ich werde zum Geschenk, indem ich zufrieden bin.

Ich werde zum Geschenk, indem ich Licht bringe, wo es dunkel ist.

Ich werde zum Geschenk, indem ich andere tröste.

Ich werde zum Geschenk, indem ich großherzig bin.

Ich werde zum Geschenk, indem ich gelassen bin.

Ich werde zum Geschenk, indem ich Zeit habe.

Ich werde zum Geschenk, indem ich offen auf andere zugehe.

Ich werde zum Geschenk, indem ich Freude weitergebe.

Ich werde zum Geschenk, indem ich liebe.

Ich werde zum Geschenk, indem ich Jesu Botschaft in die Welt trage.