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Osterbotschaft unseres Rektors Harald

Liebe Schwestern und Brüder vom Georgenberg!

Wir schreiben Geschichte in dieser Fastenzeit und Osterzeit des Jahres 2020. Wir tun das eigentlich immer, aber selten haben wir dieses starke Bewusstsein davon, und normalerweise fühlen wir uns nicht so eingeschränkt und bedrängt dabei. Wie geht also Auferstehung feiern in diesen besonderen Umständen?

Der Glaube an die Auferstehung Jesu, an die Auferweckung Jesu durchzieht die Botschaft des Neuen Testaments, die Apostelbriefe, die Apostelgeschichte und auch die Evangelien selbst. Zugleich kommt aber auch die Schwierigkeit sehr deutlich zum Vorschein überhaupt zu diesem Glauben zu gelangen, und die Erscheinungen des Auferstandenen in einer Glaubensgewissheit zu erleben. Mit anderen Worten: sie hatten zwar diese Erscheinungen, und mehrere davon, aber zugleich auch ihre massiven Zweifel.

Magdalena erkennt ihn zunächst gar nicht oder meint, es sei der Gärtner, die Emmausjünger sind wie mit Blindheit geschlagen, Petrus und Johannes und auch die anderen – Thomas erst recht – glauben nicht oder haben Fragen. Und wenn überhaupt, kommt erst auf Hinweise Jesu oder auf eine Tat Jesu hin, wie das Essen eines Stückes gebratenen Fisches, so etwas wie anfanghafter Glaube auf. Für Thomas ist es die Berührung, vor allem die Möglichkeit mit seinen Wunden in Berührung zu kommen, die Glauben eröffnet und ermöglicht.

Wovon die Evangelien berichten ist also ein Beziehungsgeschehen und es braucht Zeit, damit dieser Glaube sich entfalten kann.

Die Auferweckung Jesu ist DAS Novum, die Neuheit in der Geschichte schlechthin.

Auch für Jesus selbst ist es so. Wenn wir seine Menschwerdung ernst nehmen, dann müssen wir davon ausgehen, dass er vor seinem Tod auch noch nicht wusste, wie das genau „geht“ aufzuerstehen, wie sich das zuträgt, wie sich das anfühlt als Auferstandener zu existieren. Man kann und muss zwar theologisch sagen, insofern er Gottes Sohn oder die „zweite göttliche Person“ ist, weiß er um die Auferstehung von Ewigkeit her, aber wir gehen jetzt mal von der menschlichen Perspektive aus, weil das auch unsere ist. Somit hat er es nicht „gewusst“ trotz aller Vorahnung und Vorankündigung. „Wie Jesus glauben lernte“ heißt ein bekanntes Buch von Wilhelm Bruners, und der Hebräerbrief selbst sagt es ja auch: Obwohl er der Sohn war, hat er durch das, was er gelitten hat, den Gehorsam gelernt (Hebr 5,8). Bei aller Bewusstheit seines Weges gibt es auch das menschliche nicht-Wissen-Können von etwas, was man noch nicht erfahren hat.

Das ist eines der vielleicht noch wenig bedachten Geheimnisse der Heilsgeschichte. Es begründet auch die Diskontinuität, oder sagen wir den Quantensprung, von den Begegnungen mit dem historischen Jesus von Nazareth zu den Begegnungen mit dem Auferstandenen Christus, dem verherrlichten und erhöhten Herrn. Das ist etwas, wo man sich „hineinbeten“ kann, wo man sich in der Meditation hineinbegeben kann. Jedenfalls kommt uns schon aus dem Befund des Neuen Testaments entgegen, dass es da einen Sprung gibt. Hier brauchen die Jünger einfach Zeit, um es zu verdauen und an sich heranzulassen und dahintersteckt nicht nur der Schock und das Trauma des Todes Jesu, sondern die Zweifel und das Zögern sind auch begründet in dieser Andersartigkeit der Begegnung mit dem Auferstandenen.

Was heißt das auf unsere Situation hier und heute bezogen?

Coronakrise war noch nie da,
Coronakrise ist jetzt,
sie ist die Herausforderung (Provokation) an uns und stellt uns die Frage, wie Auferstehung hier und jetzt „geht“ und sich ereignet.
In der Coronakrise und aus der Coronakrise auferstehen,
das müssen und dürfen wir jetzt
erfinden
ertasten
experimentieren
und das heißt: aus der Hoffnungskraft, aus der Glaubenskraft heraus, die Entscheidung zu treffen:

„Ich glaube an die Auferstehung, ich glaube an die Begegnung mit dem Auferstandenen auch in dieser Erfahrung, in der wir hier und jetzt stehen und stecken.“

Oder anders formuliert: „Ich glaube an die Möglichkeit innerlich frei und neu zu werden in dieser Zeit, in diesem Osterfest 2020“, das ist die Chance, die Krise, die Herausforderung unseres Glaubens hier und jetzt und ich lade Euch ein, Eure je persönliche Antwort, Eure je persönliche Art und Weise zu suchen und zu finden, wie Ihr dem Auferstandenen jetzt und hier, inmitten Eures Lebens begegnen wollt und zu begegnen hofft.

Dafür betet, darauf hofft und dazu wünscht euch und euren Lieben viel Kraft, Zuversicht, Gesundheit und Segen

Euer Pfarrer und Rektor

Harald