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Weihnachten 2020 - Christtag

Liebe Gemeinde!

Wir begrüßen Euch herzlich, wo immer Ihr jetzt seid, vielleicht auch eingeschlossen und abgeschlossen, oder auch in einem kleinen Kreis. Die Gedanken und Gebete der folgenden Seiten sollen Euch aber mit der Gemeinde in Verbindung bringen. So wie wir es früher, und unter anderen Umständen gewohnt waren.

Und können wir nicht auch eine Brücke in Gedanken herstellen?

Weiters können wir dann ein Kreuzzeichen machen und so den Beginn unserer ganz persönlichen Feier einleiten. Wir können auch sagen:

„Der Herr ist mit uns!“und antworten : „Ja, er ist mitten unter uns.“

Gott ist ein Gott der mitten unter den Menschen sein will, mitten unter uns. Auch in dieser Stunde und an diesem unserem jeweiligen Ort. So können wir unserem Glauben Ausdruck geben, wenn wir bestätigt haben: „Ja, er ist mitten unter uns.“

Wir feiern Weihnachten und wollen die Anwesenheit Gottes in der Geschichte der Menschen bedenken.

 

Einführung

L1:Der Quantenphysiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg hat in einem Interview gesagt, dass es für ihn schon in Anbetracht der komplexen Zusammenhänge im subatomaren Bereich keinen Zweifel daran gibt, dass es eine ordnende, schöpferische Intelligenz gibt. Seine Tochter erinnert sich, dass er auf ihre Frage, warum er nicht in die Kirche gehe, geantwortet habe, dass er nicht mehr an einen Gott, wie ihn die Kirche lehrt, glaube – gleichzeitig war es ihm aber wichtig, dass seine Kinder regelmäßig in die Kirche gingen.

Heisenberg und mit ihm viele andere Menschen halten sich mit dieser Meinung genau das Unglaubliche der Weihnachtsbotschaft vom Leib: Diese ordnende, schöpferische Intelligenz, die wir Gott nennen, die wird Mensch, schraubt sich auf unseren Level zurück. Gott wird in Jesus Mensch, weil er Gemeinschaft mit uns will, mit mir, mit Barbara, mit jedem von uns. Gott schafft in Jesus eine Möglichkeit für ein „Ich und Du“ – er wirft damit die Gottesbilder rund um den Erdball über den Haufen. Wir werden es nie beweisen können sondern können immer nur glauben: Jesus ist viel mehr als das Kind in der Krippe.

 

Kyrie L2:

Jesus ist viel mehr als das Kind in der Krippe.

Man nennt dich „Starker Gott“ – Durch Jesus zeigst Du uns den Weg zur Gemeinschaft mit dir –

Herr, erbarme dich.

 

Man nennt dich „Friedefürst“ – Du willst mir einen Frieden schenken, den die Welt nicht geben kann –

Christus, erbarme dich.

 

Man nennt dich „Ewiger Vater“ – So sehr liebt Gott die Welt und uns, dass er uns Jesus gegeben hat, damit wir ewiges Leben haben –

Herr, erbarme dich.

 

Vergebungsbitte  Zel:

Guter Gott, du zeigst uns in Jesus den Weg. Er führt uns zur Wahrheit und zum Leben.

Verzeihe uns, wenn wir das noch nicht angenommen haben.

Darum bitten wir, durch Jesus, dessen Geburt wir feiern. Amen.

 

Ein Gloria, auch in Gedanken, auch gesprochen wäre hier passend.

 

Tagesgebet

Wir wollen beten: Guter Gott, in unseren Begriffen bist du wie ein liebender Vater, wie eine sorgende Mutter. Und dein Wunsch ist es unter den Menschen zu sein. Dieses „Unter – den - Menschen – sein“ feiern wir zu Weihnachten. Lass uns auch Menschen sein, die deine Nähe erkennen. Darum bitten wir durch Jesus, dessen Geburt wir feiern. Amen.

 

Lesung: Hebräer 1, 1-6

Hier singen wir immer ein Halleluja. Fällt mir da eines ein?

Evangelium, Joh. 1, 1-18 

 

Predigt: Gott wird menschlich, werden wir göttlich?

Was feiern wir heute?

Natürlich das Weihnachtsfest. Und was für eine tiefe Bedeutung ist dahinter?

Wenn die Juden das Paschafest, unser Ostern, feiern, dann fragt der Sohn des Hauses nach dem Warum. Und der Hausvater erzählt die Geschichte vom Auszug der Israeliten aus Ägypten. Hinter diesem Fest, wie auch hinter dem Weihnachtsfest steht ein tiefer Sinn. Wenn wir nicht mehr nach dem tiefen Sinn fragen, werden wir zwar Weihnachten feiern, aber die Verwurzelung geht verloren und Weihnachten wird zum unverstandenen Brauch.

Also fragen wir, wie manche andere auch gefragt haben!

Der Nobelpreisträger für Physik, Werner Heisenberg, hat zB. keinen Zweifel, dass es eine höhere, ordnende Intelligenz gibt. Aber er wagt diese nicht so zu benennen, wie es die Kirche lehrt. Das führt wiederum zur oft gestellten Frage an die Kirche, welches Bild von Gott sie vermittelt. Und es ist eine wesentliche Frage zu Weihnachten.

 

Der tschechische Theologe Tomaš Halik, ist in der kommunistischen Zeit geheim zum Priester geweiht worden, und auch er thematisiert diese Frage. Unter anderem deshalb, weil er viele Begegnungen mit Menschen hat, die sich als Atheisten bezeichnen. In seinen Büchern empfiehlt er, nicht alte Vorstellungen von Gott einfach durch neue zu ersetzen. Gott ist so radikal anders, meint er, dass wir den Mut haben sollten unsere menschlichen Bezeichnungen für Gott in Frage zu stellen oder sie unter „Anführungszeichen“ zu setzen. Das wäre der Respekt davor, dass Gott nicht vom Menschen ergründet werden kann, dass Gott im Letzten ein großes Geheimnis ist.

 

Gott-Mensch-Beziehung

Die Frage, wie wir das Geheimnis benennen, ist das eine. Welches Beziehungsverhältnis zwischen Gott und Mensch besteht und sich entwickelt, ist das andere. Gerade dann ist es von Bedeutung, wenn wir das Weihnachtsgeschehen betrachten.

Schon Jahrhunderte vor der Zeitenwende, sagen die griechischen Philosophen, eine  Beziehung setzt eine gleiche Ebene voraus. Angewandt auf die Gott-Mensch-Beziehung fragt man sich, ob das möglich wäre? Können Gott und Mensch eine Beziehung auf gleicher Ebene haben?

Noch ein Aspekt für die Beziehung Gott-Mensch bringt der Psychoanalytiker C.G. Jung. Im Alttestamenlichen Buch Ijob interpretiert er die Herausforderung des Ijob an Gott mit dem Satz: „Hast du irgendwann ausprobiert, was es bedeutet ein Mensch zu sein?“

Das Weihnachtsevangelium spricht vom real werden dieser Utopie des Ijob. Das Wort ist Fleisch geworden oder Gott hat sich in einem Menschen inkarniert. Gott „probiert aus“ ein Mensch zu sein. In einem Menschen offenbart sich das Wesen Gottes.

Ist das nicht der Höhepunkt des Schöpfungsmythos? Dort heißt es, Gott schuf den Menschen als sein Abbild, ihm ähnlich (Gen 1,26a). In Jesus verwirklicht sich das.

Und Jesus erklärt das mit seinem Leben: Das Wesen Gottes ist Liebe. Gott ist die Liebe, resümiert das Neue Testament. Und Liebe braucht Beziehung. Wenn Gott Liebe ist, so muss er in Beziehung zum Menschen treten. Der Mensch ist ja seine Schöpfung. Und das feiern wir zu Weihnachten.

Und weiters lässt sich Gott darauf ein, ein Mensch zu sein. Und er probiert es nicht nur, wie die provokante Anfrage lautet. Er wird in Jesus ganz Mensch, ein Leben lang.

Wenn Jesus in den Evangelien auffordert: „Werdet vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist“ (Mt5,48), so ist das die Aufforderung für uns, ein Abbild Gottes zu sein, ihm ähnlich. Ist das zu viel verlangt? Es wird uns schon bewusst sein, dass uns das Liebevolle nicht immer so gelingt, wie wir vielleicht wollen. Es gibt in uns auch die entgegengesetzte Kraft zur Liebe. Ausgedrückt wird das im Evangelium mit den Worten von der Finsternis. „Das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst“ (Joh 1,5).

In unser aller Auseinandersetzung von liebevoll und lieblos, also bildlich von Licht und Finsternis, muss der Mensch eine grundsätzliche Entscheidung treffen. Das Ziel könnte sein, Gott ähnlicher zu werden, und daher immer mehr nach der Vollkommenheit zu streben.

Wenn Gott in einem Menschen dieses unser irdisches Leben nicht nur ausprobiert, sondern in allem durchlebt, so muss aus diesem Leben etwas als Lebensrichtlinie abzuleiten sein. Auch aus dem Bericht der Geburt Jesu.

 

Gott regt uns an

Drei Anregungen möchte ich (aus der Geburt Jesu) ableiten.

1. Gott ist ein Gott, der zu den Menschen kommt. Es ist nicht umgekehrt. Wenn wir, als Antwort darauf, dem Göttlichen begegnen wollen, hilft uns die Erkenntnis, Gott ist schon da. Gott möchte uns in jedem Gegenüber, in jedem Du, begegnen. Denn jedes Du ist einmalig und von Gott geliebt und von Gott gewollt. Jede und jeder.

 

2. Gott solidarisiert sich mit der Menschheit. Es wäre schon denkbar, dass Jesus in eine Familie mit hohem Einfluss zur Welt gekommen wäre. In einer Familie mit politischem oder militärischem oder wirtschaftlichem oder religiösem Einfluss. Die Einfachheit seiner Geburt und auch seines späteren Lebens, darf als Zeichen für uns gesehen werden. Gott solidarisiert sich mit den Einfachen.

 

3. Gott möchte seine Geburt in jedem Menschen wiederholen. Für uns gilt es das zu ermöglichen, indem wir das Licht durchkommen lassen. Das Licht ist das Zeichen für Gottes dienende Liebe, Güte und Barmherzigkeit. Wer sich um diese Eigenschaften bemüht, der ermöglicht die Menschwerdung des Göttlichen, jetzt und heute.

 

Diese Anregungen können uns zu der Frage führen, die jede und jeder an sich stellen kann:

Habe ich schon ausprobiert göttlich zu sein, voll Liebe zu sein, voll Güte und Barmherzigkeit?

 

Fürbitten

Zel.: Denn uns ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. So kommen wir mit Bitten und Dank zu dir:

L1: Man nennt dich „Wunderbarer Ratgeber“ 

Lass uns nicht vergessen, mit unseren Fragen und Zweifeln zu dir zu gehen. Du bist der Gott der Weisheit, Du hast Worte ewigen Lebens. Wir bitten, lass uns das nicht vergessen.

Wir bitten dich, erhöre uns.

L2: Man nennt dich „Emmanuel, Gott mit uns“ – Du hast uns verheißen, dass Du immer bei uns sein wirst. Dafür wollen wir danken.

Wir danken Dir dafür.

L1: Man nennt dich „Held“ – schenke uns den Mut, deinem Wort und deiner Verheißung zu glauben.

Wir bitten dich, erhöre uns.

L2: Man nennt dich „Starker Gott“ – Du lädst uns ein: „Kommt zu mir, die ihr mühselig seid und beladen, ich will euch erquicken. Mein Joch ist leicht.“ Dafür wollen wir danken.

Wir danken Dir dafür.

L1: Man nennt dich „Friedensfürst“,  schenke uns die Zuversicht, an diesen deinen Frieden, trotz allem was in der Welt ist, zu glauben und einzustehen.

Wir bitten dich, erhöre uns.

L2: Man nennt dich „Ewiger Vater / Ewige Mutter“. 

Egal wo wir stehen und wie wir zu Dir stehen, Du wirst dich nie von mir, von uns abwenden.  Dafür wollen wir danken.

Wir danken Dir dafür.

 

Schließen wir jetzt unsere persönlichen Bitten, unseren persönlichen Dank an.

Und beten wir das Bittgebet, das Jesus uns gelehrt hat. Unser Vater im Himmel…

Wenn wir statt einem Friedensgruß jemanden anrufen oder auch anders in Kontakt kommen, kann der weihnachtliche Friede weitergesagt werden.

 

So in Verbindung mit anderen, haben wir auch die Möglichkeit miteinander zu kommunizieren. Man darf es als eine einfache Form der „Kommunion“ sehen.

 

Schusswort

Weihnachtlich leben:
Nichts Außergewöhnliches tun, sondern bloß das Gewöhnliche mit außergewöhnlicher Hingabe.

Weihnachtlich leben: Nichts Spektakuläres tun, sondern nur den speziellen Blick entwickeln für das Wirken Gottes im ganz Normalen.

Weihnachtlich leben: Nicht die Welt aus den Angeln heben, sondern den Alltag als Dreh- und Angelpunkt des Glaubens erkennen.

Weihnachtlich leben: Nicht das Leiden suchen, sondern das, was auf mich zukommt,
mit Leidenschaft gestalten und bewältigen.

Weihnachtlich leben: Nicht große Worte machen, sondern die Liebe sprechen lassen.

(Wolfgang Steffel)

 

So wünschen wir Euch ein gesegnetes Weihnachtsfest.

Gottes Liebe, seine Güte und Barmherzigkeit soll in Euch und durch Euch in diese Welt kommen.

So segne uns der gütige Gott, der Vater durch den Sohn und im Heiligen Geist. Amen.

Und jetzt noch „Stille Nacht“ gesummt, gesungen oder gesprochen?

 

Es grüßen Euch Barbara und Simon Soge und Hubert