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Messtexte 5. und 6. September 2020

EINLEITUNG

Jesus hat uns nicht nur die lebensspendende Botschaft seines Vaters von seinem Reich, das ein Reich der Liebe ist, geschenkt, sondern hat uns diese Liebe auch vorgelebt. In den Evangelien zeigt Jesus aber auch, dass er die Realität unseres täglichen Lebens mit all seinen Schwierigkeiten kennt. Als Hilfestellung für ein Leben in seinem Sinne gibt er uns immer wieder Hinweise für ein konkretes Verhalten. Um eine schwierige Situation und den richtigen Umgang mit ihr geht es im heutigen Evangelium. Die Frage ist, wie geht man mit einem Sünder, einer Sünderin in einer Gemeinde um. Auch wenn Jesus uns im Evangelium die Zusage erteilt, dass er bei uns ist, wenn zwei oder drei in seinem Namen, das heißt in seinem Sinne beisammen sind, so bleibt uns doch die oft schwierige Aufgabe Probleme in seinem Sinne zu lösen.

KYRIE

Herr Jesus, wir stehen als Sünder und Irrende vor Dir

Herr erbarme Dich unser

Wir leiden am Unrecht der Welt und sind doch selbst ein Teil davon

Christus erbarme Dich unser

Vergib uns und befreie uns zur Liebe und Barmherzigkeit

Herr erbarme Dich unser

 

ZEUGNIS                                                                            

Ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist, aber dieser Sommer war für mich eine Zeit, die viele Fragen aufgeworfen hat und eine Zeit mit vielen Unsicherheiten.

Viele neue Erfahrungen, oft sehr gegensätzliche, haben das Leben geprägt.

Negativ Empfundenes und auch Positives waren bunt durcheinandergemischt. Natürlich waren die verschiedenen Auswirkungen der Corona-Epidemie dominant.

Persönlich leide ich sehr darunter, dass ich von Menschen Abstand halten muss.

Meine emotionale Nähe zu Menschen drücke ich gerne auch durch körperliche Nähe aus: Schulterklopfen, Umarmen, Streicheln, Küssen        -   das fehlt mir

Schnell ist mir aber klar geworden, dass ich Verantwortung habe, nicht für mich, sondern für die Mitmenschen, die ich eventuell gefährden kann – wenn auch unbewusst.

Positiv bewerte ich die Erfahrung, wie sehr mir Menschen abgehen, wie sehr ich Menschen brauche, gerade auch hier in unserer Gemeinde.

Und dann die vielen Fragen: Wie lange wird das noch so weitergehen? Oder wird es wieder schlimmer? Wann wird alles wieder „normal“?

Und die große Frage: Was ist „normal“?

Wollen wir zurück zu einer „Normalität“, zu einem Lebensstil vor dem Ausbruch der Krankheit, einen Lebensstil der in vielerlei Hinsicht eigentlich nicht wirklich „normal“ war?

Besonders deutlich stellt sich diese Frage bei der Jahrhundertbedrohung, der Klimakrise, die das Potential hat, die Corona-Krise um ein Vielfaches an negativen Auswirkungen zu übertreffen.

In diesen Wochen begehen die christlichen Kirchen die sogenannte „Schöpfungszeit“.

Es geht dabei darum uns Christen an unsere Verantwortung für diese Erde, die Natur und die vom Klimawandel bedrohten Menschen zu erinnern.

Wir sind aufgefordert - speziell von Papst Franziskus – darüber nachzudenken, wie wir mit Gottes wunderbarer Schöpfung umgehen.

Wenn wir wieder zurückkehren zur „Normalität“ vor der Krise, d.h. unbeschränkt mobil sein wollen;

wenn wir durch unser Einkaufsverhalten weiterhin einen Ressourcenverbrauch haben, der sich nicht danach richtet was wir brauchen, sondern danach, was uns gefällt, worauf wir gerade Lust haben, z.B. beim Shopping als Freizeitvergnügen usw., dann haben wir eine ganz große Chance versäumt, eine Umkehr zur Rettung des Klimas zustande zu bringen.

Um Umkehr und Verantwortung geht es auch im heutigen Evangelium:

Diese Aufforderung von Jesus den sündigen Bruder zurechtzuweisen, -  zuerst unter 4 Augen, dann unter 6 bis 8 Augen und dann vor der ganzen Gemeinde - ist mir nicht angenehm.

Schon in der eigenen Familie schaffe ich es nicht, meine Brüder, meine erwachsenen Kinder so zurechtzuweisen, dass sie meine Kritik annehmen können. Daher sage ich meistens lieber nichts. Der mir heilige Familienfriede soll nicht gestört werden.

Als Ausrede habe ich die Aussage Jesu, doch den Balken im eigenen Auge zu sehen und nicht den Splitter im Auge des Anderen.

Dann habe ich aber festgestellt, dass meine Feigheit wahrscheinlich ein Ausdruck einer mangelnden Fähigkeit ist eine liebevolle Sprache zu finden.

Und ich muss mich fragen:

Wie sehr ist meine Kritik eher Besserwisserei und nicht Ausdruck meiner Liebe?

Wie schön, wie wichtig wäre es, wenn ich so reden könnte, dass es meinem Gegenüber leicht fällt umzukehren?

In welchem Geist muss ich so ein Gespräch führen?

Wie kann ich sie oder ihn für den richtigen Weg be-geistern?

Und sind wir denn in Wirklichkeit nicht alle darauf angewiesen, dass wir von liebenden Menschen auf Fehler hingewiesen werden?

Sind wir ohne Fehler?

Und wenn wir unsere Nächsten wirklich lieben, haben wir dann nicht die Verantwortung ihnen durch einen Hinweis die Chance zur Umkehr zu geben?

Schließlich haben sie durch die Korrektur ihres Verhaltens die Möglichkeit mehr Harmonie mit Gott, mit den Menschen und mit der Umwelt zu erlangen.

Es würde ihnen einfach besser gehen.

Bei der von Jesus angesprochenen Ermahnung geht es letztlich darum, Verantwortung für den Nächsten aus Liebe wahrzunehmen.

Und diese Verantwortung in Liebe, liebevoll wahrzunehmen.

Wenn man auf das Leben Jesu schaut, dann stellt man fest, dass Jesus aus Liebe sehr deutliche, manchmal sogar drastische Ermahnungen zur Umkehr an uns richtet.

Nicht weil er rechthaberisch war, sondern weil ihn die Liebe gedrängt hat uns ein gutes Leben aufzuzeigen, den Weg in das seligmachende Reich Gottes.

Natürlich ist der all-liebende Gott insbesondere ein barmherziger Gott. Er ist aber einer, der die Barmherzigkeit dem Umkehrenden schenkt, siehe das Gleichnis vom Barmherzigen Vater.

Den nachhause zurückkehrenden Sohn, den, der voll Reue umgekehrt ist, den schließt er in seine Arme.

Und wenn ich jetzt zum Thema Schöpfungszeit zurückblende, dann hören wir von Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato sii“, deren 5-Jahres-Jubiläum wir gerade begehen, dass eine Umkehr, eine im wahrsten Sinne nachhaltige Umkehr, für den Erhalt unserer Erde, unserer Natur im derzeitigen Zustand dringend notwendig ist.

Vor einigen Tagen hat Papst Franziskus zum Auftakt der Schöpfungszeit 2020 unter anderem Folgendes gesagt:

„Heute mahnt uns die beunruhigte Stimme der Schöpfung, an den uns eigentlich zukommenden Platz in der natürlichen Ordnung zurückzukehren und uns daran zu erinnern, dass wir ein Teil und nicht etwa die Herren des großen Lebenszusammenhanges sind. Die Zerstörung der biologischen Vielfalt, die schwindelerregende Zunahme von Klimakatastrophen, die ungleich schwerwiegenderen Auswirkungen der aktuellen Pandemie auf die Ärmsten und Schwächsten sind Alarmglocken, die angesichts der ungezügelten Konsumgier schrillen.“

Und Papst Franziskus wünscht sich, dass unsere jetzige Zeit „ …ein Wendepunkt auf dem Weg zur Wiederherstellung der Erde wird, so dass sie gemäß dem Willen des Schöpfers wieder zu einer Heimat wird, in der es Leben in Fülle gibt.“

Soweit Franziskus.

Und tatsächlich können wir diese Verantwortung für die Schöpfung, für unsere so verletzliche Erde nicht mit mehr oder weniger guten Argumenten wegschieben; oder ausschließlich an die Politik delegieren.

Für mich war die Coronazeit ein Augenöffner in Sachen einfaches Leben: In den acht oder neun Wochen Lock-down habe ich gemerkt, wie wenig Materielles, außer den Lebensmitteln, man im Leben eigentlich braucht. Und ich habe auch erlebt - da war ich am Land sicher privilegiert - wie viel Kraft man bei Waldspaziergängen aus der Natur schöpfen kann.

Mein Höhepunkt dieses Sommers war aber die Geburt unseres 10ten Enkelkindes. Dabei hat mich wieder ein starkes Verantwortungsgefühl für diese Enkelgeneration gepackt.

Ich habe ausgerechnet, dass der kleine Pauli im Jahr 2094 so alt sein wird wie ich heute:       

Welche Welt werden wir ihm und seinen Altersgenossen hinterlassen haben?

Wie werden sie über das Verhalten unserer Generation urteilen?

Für mich gilt auch hier: Verantwortung wahrnehmen aus Liebe und Verantwortung wahrnehmen in Liebe?

Wenn man das Neue Testament liest, dann findet man eine Geschichte der Umkehr. Es geht Jesus um die Rückkehr in das Reich Gottes, den „Be-Reich“ Gottes,

in den Ort der Erfüllung,

der vollkommenen Liebe,

eines Lebens in Fülle.

Für mich ist es der Ort meiner Sehnsucht.

Mit Gott, den Mitmenschen und der Umwelt in Harmonie, im „Ein-Klang“ zu leben, eins zu sein, das ist das Ziel.

Dafür zahlt es sich aus umzukehren.

 

Unverzichtbar auf diesem Weg in das ersehnte Reich ist für mich das Gebet. Das Gebet, das nicht die anderen verändert, sondern mich, meine Durchlässigkeit für die Liebe Gottes, aus der, und in der ich meine Verantwortung gegenüber den Mitmenschen und der Umwelt wahrnehmen kann.

 

FÜRBITTEN

Guter Gott, bei Dir sind wir aufgehoben, von Dir erhoffen wir Kraft, die uns hilft umzukehren auf den Weg zu einem Leben in Fülle.

Daher bitten wir Dich:

 -- schenke uns in dieser Zeit der gesundheitlichen Bedrohung Verständnis und Verantwortung füreinander

Wir bitten Dich erhöre uns

 -- wir bitten Dich für uns alle, die wir uns schwertun, eigene Fehler zu sehen und anzuerkennen. Gib uns die Kraft uns ehrlich mit dem eigenen Verhalten auseinanderzusetzen

Wir bitten Dich erhöre uns

 -- wir bitten Dich um viel Kraft unsere Lebensgewohnheiten, die oft zu Lasten unserer Erde gehen, aus Verantwortung zu ändern

Wir bitten Dich erhöre uns

 -- Guter Gott, wir bitten Dich für unsere Politiker, dass sie mutig die Weichen für eine lebenswerte Zukunft auf dieser Erde stellen

Wir bitten Dich erhöre uns

 -- Guter Gott, schenke uns die Fähigkeit in Liebe mit unseren nächsten zu kommunizieren, auch in schwierigen Situationen

Wir bitten Dich erhöre uns

 -- Guter Gott, schenke uns die Sehnsucht nach Begegnungen mit Dir im Gebet

Wir bitten Dich erhöre uns

 

Guter Gott, lass uns auf Dich hören, denn Dein Wort schenkt uns immer wieder Zuversicht. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.

Amen