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Gedanken zur Messe vom 05/06. Dezember 2020

 

Dieses Wochenende feiern wir den heiligen Nikolaus. Doch auch das ist heuer anders als in den Jahren zuvor. Kein Mann mit Bart und Bischofsmütze der Geschenke an die kleinen und großen Kinder verteilt. Keine Familienfeiern. Keine gemeinsamen Essen mit der Großfamilie. Nicht einmal Kaffee. „Lasst uns froh und munter sein“ kommt uns nur schwer über die Lippen.

Warum feiern wir den Nikolaus überhaupt?

Was hat diesen Mann zu einem der beliebtesten Heiligen gemacht?

Es gibt viele Legenden, die sich um ihn ranken: Dass er drei jungen Mädchen Goldkugeln schenkte, damit sie heiraten konnten. Dass Matrosen ihn in einem gewaltigen Sturm um Hilfe baten und sich der Sturm legte. Dass er die Bewohner von Myra vor einer großen Hungersnot bewahrte.

Was diese Legenden alle gemeinsam haben ist, dass Nikolaus für das Leben eintritt, wo er es bedroht sieht.

Und sein Wirken weist uns auch auf etwas anderes hin: Wir alle werden von Gott geliebt. Bedingungslos. Wir müssen nichts tun, damit Gott uns liebt. Es wird uns geschenkt wie eine überraschende Schokolade oder Mandarine im Schuh vor der Tür. (Tipp: In einen Stiefel geht noch mehr rein als in einen Schuh).

Weil Gott uns liebt, haben auch wir die Möglichkeit zueinander gut zu sein. Gottes Liebe wird dort gelebt, wo wir uns füreinander einsetzen, wo wir einander helfen und aufeinander schauen und zusammenhalten.

Gerade in diesen Zeiten, die für uns alle mit Einschränkungen und Belastungen verbunden ist, ist es wichtig – und gleichzeitig auch ein bisschen schwer – aufeinander zu achten. Und auch auf uns selbst.

 

Halten wir Ausschau nach dem Corona-Nikolaus des Jahres 2020:

Da gibt es einen Nikolaus, der zuhause sitzt und sich aus Rücksicht nicht mit seinen Freunden und seiner Familie trifft (obwohl das ziemlich schwer ist).

Da gibt es einen Nikolaus, der seine Großeltern anruft, weil er nicht will, dass sie sich alleine fühlen, sondern wissen, dass er an sie denkt.

Da gibt es einen Nikolaus, der für mich da ist und mich tröstet, wenn es mir nicht gut geht.

Da gibt es einen Nikolaus, der jedem freundlich begegnet und sein Gegenüber wahrnimmt, auch wenn es nur eine flüchtige Begegnung im Stiegenhaus ist.

Da gibt es einen Nikolaus, der sich Zeit für sich selbst nimmt. Der es sich erlaubt, Dinge auch nicht zu tun und sich stattdessen etwas Gutes gönnt.

Da gibt es einen Nikolaus, der um Hilfe bittet, weil es ihm einfach zu viel wird.

Da gibt es einen Nikolaus, der seine Nachbarn fragt, wie es ihnen geht und ihnen ein offenes Ohr schenkt.

Da gibt es einen Nikolaus, der für Personen in der Quarantäne oder ältere Personen einkaufen geht und fragt, ob er sie unterstützen kann.

Da gibt es einen Nikolaus, der nachsichtig mit sich selbst und anderen ist, wenn etwas gerade nicht so gut gelingt.

Da gibt es einen Nikolaus der versucht, die positiven Seiten der jetzigen Zeit zu sehen, obwohl sie sich derzeit manchmal gut verstecken.

 

Und für Fortgeschrittene:

Da gibt es einen Nikolaus, der versucht, die anderen auch mit Maske anzulächeln.

 

Und dann:

Lasst uns froh und munter sein!

Bin auch ich ein Nikolaus?

Wer ist mein Nikolaus?


Mein Mitmensch

Mein Mitmensch, der auf meine Liebe wartet,

der meine Anerkennung und Freundschaft braucht.

Mein Mitmensch, dem ich helfen kann

Mit einem lächelnden Blick, mit einer guten Geste,

mit einem freundlichen, herzlichen Wort,

Er lebt nicht hinter den Bergen,

er wohnt nicht jenseits der Meere.

 

Mein Mitmensch ist hier.

 

Mein Mitmensch: Das ist mein Partner,

meine Partnerin, mein Kind und jedes Kind,

das die Wärme meines Herzens sucht.

Das sind die alt gewordenen Eltern,

um die ich mich kümmern muss,

denen liebevolle Aufmerksamkeit gut tut.

 

Mein Mitmensch ist hier.

 

Mein Mitmensch: Das ist er Kranke nebenan,

der schon lange im Bett liegt und einsam ist.

Das ist der Blinde, dem ich zur Hand gehen kann.

Das ist der Kollege, der seine Arbeit verloren hat,

der verbittert ist und an den keiner mehr denkt.

 

Mein Mitmensch ist hier.

 

Phil Bosmans, Vitamine fürs Herz

 

Die Geschichte vom beschenkten Nikolaus

Alfons Schweiggert

Einmal kam der heilige Nikolaus am 6. Dezember zum kleinen Klaus. Er fragte ihn: »Bist du im letzten Jahr auch brav gewesen?« Klaus antwortete: »Ja, fast immer.« Der Nikolaus fragte: »Kannst du mir auch ein schönes Gedicht aufsagen?« – »Ja«, sagte Klaus:

»Lieber, guter Nikolaus,
du bist jetzt bei mir zu Haus,
bitte leer die Taschen aus,
dann lass ich dich wieder raus.«

Der Nikolaus sagte: »Das hast du schön gemacht.« Er schenkte Klaus Äpfel, Nüsse, Mandarinen und Plätzchen. »Danke«, sagte Klaus. »Auf Wiedersehen«, sagte der Nikolaus. Er drehte sich um und wollte gehen. »Halt!«, rief Klaus. Der Nikolaus schaute sich erstaunt um. »Was ist?«, fragte er. Da sagte Klaus: »Und was ist mit dir? Warst du im letzten Jahr auch brav?« – »So ziemlich«, antwortete der Nikolaus. Da fragte Klaus: »Kannst du mir auch ein schönes Gedicht aufsagen?« »Ja«, sagte der Nikolaus:

»Liebes, gutes, braves Kind,
draußen geht ein kalter Wind,
koch mir einen Tee geschwind,
dass ich gut nach Hause find‘.«

»Wird gemacht«, sagte Klaus. Er kochte dem Nikolaus einen heißen Tee. Der Nikolaus schlürfte ihn und aß dazu Plätzchen. Da wurde ihm schön warm. Als er fertig war, stand er auf und ging zur Türe. »Danke für den Tee«, sagte er freundlich. »Bitte, gerne geschehen«, sagte Klaus. »Und komm auch nächstes Jahr vorbei, dann beschenken wir uns wieder.« – »Natürlich, kleiner Nikolaus«, sagte der große Nikolaus und ging hinaus in die kalte Nacht.

Sophie Härtling (Hrsg.)
24 Weihnachtsgeschichten zum Vorlesen
Frankfurt am Main: Fischer Verlag 2006

Hier kann man sich die Geschichte auch anhören: https://www.youtube.com/watch?v=-A4Z0dQjcDM